Donnerstag, 6. Februar 2013
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Christian Heinrich Heineken
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* 6. Februar 1721 in Lübeck

† 27. Juni 1725

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Lübecker Wunderkind.

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Heinekens Mutter, Catharina Elisabeth, konnte das Kleinkind nicht stillen oder wollte es nicht. Jedenfalls wurde eine Amme engagiert, Sophie Hildebrandt, eine ehrbare Lübeckische Soldaten-Frau.
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Catharina Elisabeth Heinekens Vater und ihr Stiefvater waren vielbeschäftigte Bildnismaler, und sie selbst pflegte ein künstlerisches Talent mit Blumenstücken und kleinen Porträts. Doch trug sie auch durch Perlenstickerei zum Unterhalt der Familie bei, der hauptsächlich aus einem Café im Parterre des Hauses gezogen wurde. Sie hatte in der Ehe die Hosen an, ihr Ehemann Paul war Künstler, malte Porträts im Geschmack der Zeit, schrieb zudem an einem Buch über die Perspektive in der Malerei.
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Mit zehn Monaten, als der kleine Christian Heinrich, auf dem Schoß seiner Amme, die Bilder der Goldtapete und die Glasurbilder des weißen Kachelofens betrachtete, erklärte sie ihm: "Dat is een Perd, dat is 'n Katt un dat is een Kerkturm und dat do is 'n Seilschipp", und man konnte es kaum glauben, das noch nicht zehn Monate alte Baby wiederholte anderntags ihre Worte und zeigte dabei immer auf die richtigen Bilder.

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Die Heinekens hatten einem schlesischen Adligen eine Stube mit Familienanschluss vermietet. Dieser Adlige hieß Christian von Schöneich und hatte studiert. Er nahm sich der Erziehung des Kindes an. Das Platt der Amme war natürlich inakzeptabel, doch das verblüffende Lern- und Erinnerungsvermögen des Kleinkindes versperrte sich auch dem Hochdeutsch der Bibel nicht. Einmal Gehörtes vergaß es nie wieder, ob in lutherischem Deutsch, höfischem Französisch oder scholastischem Latein. Das Alte und Neue Testament, die Genealogien antiker und zeitgenössischer Herrscherhäuser, das Einmaleins - alles das war anderntags wieder abrufbar. Eine Frage, ein Stichwort, ein Kupferstich genügten, um das Kind zu Wortketten zu animieren. Bald darauf zeigte Heineken ein breites geographisches, geschichtliches und mathematisches Wissen. 

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Als Christian Heinrich entwöhnt werden sollte, wies er vehement jede andere Nahrung zurück. Man nahm ihn zu den gemeinsamen Mahlzeiten mit an den Familientisch, wo er anderes Essen sehen und riechen konnten. Ihm wurden die Namen der Gerichte genannt, die Art der Zubereitung, wie die Gemüse heißen und wo sie wachsen - es blieb vergeblich. Solange er lebte, benutzte er niemals eine Gabel oder einen Löffel, niemals seine Zähne zum Abbeißen oder Kauen. Flüssiges schluckte er nicht, er bog nur den Kopf zurück, um es durch die Kehle hinunterrinnen zu lassen. Doch kannte er mit 14 Monaten das Alte Testament auswendig, einige Wochen später das Neue, konnte 80 Psalmen rezitieren und an die 200 Kirchenlieder. Wöchentlich lernte er 150 lateinische Vokabeln, dann kam Französisch dazu
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Heineken beherrschte zweijährig Latein und Französisch. Im Herbst 1723 überfiel ihn eine schwere Krankheit, ein heftiger Durchfall, der zu starker Austrocknung und Abmagerung führte. Christian Heinrich blieb noch lange apathisch, bis er endlich wieder auf die Beine kam.
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Der Rektor des Gymnasiums zu Lübeck kam an einem Sonntag im Januar 1724, um das Wunderkind zu examinieren. Zuerst benannte ihm Christian Heinrich die römischen und deutschen Kaiser in richtiger Reihenfolge. Ausführlicher sprach er über Caesar und Augustus, Constantin, die Ptolemäer und Karl den Großen. Fehlerlos zählte er die Patriarchen, Richter und Könige Israels auf, zeigte weiter Kenntnis der Geographie Deutschlands und des alten Hellas unter Erwähnung historischer Schlachtfelder. Danach verblüffte er seinen Besucher mit der korrekten Genealogie der königlichen Häuser von Dänemark und Frankreich. Es folgten lateinische Sprichwörter und, anhand einer Zeichnung, sämtliche Details des menschlichen Skeletts.
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Mit drei Jahren verfasste Heineken eine Geschichte Dänemarks. Immanuel Kant nannte ihn später ein „frühkluges Wunderkind von ephemerischer Existenz“ und eine „Abschweifungen der Natur von ihrer Regel“. Die ersten Wunderkindtouristen fuhren bald nach Lübeck, unter ihnen auch der hamburgische Komponist und Musikdirektor Georg Philipp Telemann . "Wahrlich, wäre ich ein Heide, ich würde meine Knie beugen und dieses Kind anbeten!", rief er aus. Telemann verfasste mehrere Gedichte auf das kurzes Leben des kleinen Heineken.
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Die Berühmtheit Heinekens, die von seinen Eltern gezielt gefördert wurde, führte dazu, dass er ständig auftrat und zeitweilig auf Reisen war. Die Öffentlichkeit honorierte diese Auftritte zwar mit Begeisterung, für die Familie und insbesondere das Kind waren sie jedoch zunehmend eine Belastung. Im Juli 1724 ging die Reise per Schiff nach Kopenhagen. Zu den Passagieren, die in der Kajüte am Ofen saßen, gesellte sich ein Jude, der sich an Deck erkältet hatte. Dem sagte der Kleine: "... aber den Fürst des Lebens habt ihr getötet!", und als dem Juden ein Kornschnaps gereicht wurde: "Ist das auch Essig mit Galle vermischt, so die Juden dem Herrn Christo am Kreuze darboten?" Darauf ging der Jude wieder hinaus. 

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In Kopenhagen hielt Heineken Tag für Tag vor neugierigen Besuchern Ansprachen und war dabei so schwach, dass er ohne Hilfe nicht auf seinen Füßen stehen konnte. Man schenkte ihm Goldstücke, die ihn sofort zu Monologen über die darauf abgebildeten Majestäten anheben ließen. Am 9. September 1724 abends auf dem Schloss grüßte Christian Heinrich die königliche Familie mit einer langen Ansprache, voll der demütigsten und unterwürfigsten Phrasen. Der dänische König Friedrich IV. bezeichnete ihn als ein „Miraculum“. 
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Im Oktober 1724 traf man wieder in Lübeck ein. Anfang des Jahres 1725 lernte Heineken schreiben, war aber zu schwach, um den Stift lange zu halten. Dennoch machte er schon an seinem 4. Geburtstag keine orthografischen Fehler mehr. Bald darauf überfiel ihn die letzte Krankheit: fortschreitende Körperschwäche, intensive Gelenk- und Muskelschmerzen, Schlaflosigkeit und Kopfweh bei minimalster Nahrungsaufnahme und extreme Geräuschempfindlichkeit. Im Juni verschlimmerte sich sein Zustand rapide. Im Gesicht und an den Beinen traten Ödeme auf. Stundenlang wurden ihm geistliche Hymnen gesungen, wurde aus der Bibel gelesen. Christian Heinrich zeigte fromme Ergebenheit. 

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Heineken starb kurz danach an der seinerzeit unbekannten Zöliakie . Zweihundert Jahre später wurden Schöneichs Notizen als die historisch erste Beschreibung der Zöliakie erkannt, einer Allergie gegen bestimmte Substanzen im Brotgetreide. Dass er überhaupt so alt wurde, war seiner Amme Sophie Hildebrandt zu verdanken, die ihn jahrelang gestillt hatte. Die zunehmende Ernährung mit Getreideprodukten führte zu seinem Tode. Sein älterer Bruder Carl Heinrich von Heineken stand im Dienst des Grafen Heinrich von Brühl und war als Kunstsammler und Kunstkenner bekannt.                        

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