Mittwoch, 30. Juli 2014

Adolf Damaschke

* 24. November 1865 in Berlin
† 30. Juli 1935 ebenda

Pädagoge und Führer der Bodenreformbewegung in Deutschland.

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Damaschke stammte aus einer Berliner Tischlerfamilie und wuchs in einer Mietskaserne auf. Bis zum Alter von 10 Jahren verfügte er nicht einmal über ein eigenes Bett. Als er 1871 eingeschult wurde, gab es aufgrund des rapiden Bevölkerungswachstums für ihn keinen regulären Platz an der öffentlichen Volksschule. So besuchte er zunächst auf Staatskosten eine Privatschule. Als er später eine Gymnasialempfehlung erhielt, mussten seine Eltern aufgrund der zu erwartenden Kosten ablehnen. Als 15-Jähriger lernte Damaschke die freikirchliche Christuskirche und deren Pastor Paulus Stephanus Cassel kennen. Das gottesdienstliche Leben dieser Gemeinde beeindruckte den Jugendlichen. Er engagierte sich in der Kirchengemeinde und wurde dort Leiter der Sonntagsschule.

1883 eröffnete sich für den 18-Jährigen die Möglichkeit, sich auf einer Freistelle des Berliner Pädagogischen Seminars zum Volksschullehrer ausbilden zu lassen. Zehn Jahre später trat er seine erste Stelle an und erlebte dann die soziale Not der eigenen Kindheit ein weiteres Mal – diesmal aus der Perspektive des Pädagogen. Sein erster Kampf galt der Lehrmittelfreiheit. In Vorträgen und Zeitungsartikeln setzte er sich dafür ein und geriet darüber in Konflikt mit seinem Arbeitgeber, dem Berliner Magistrat. Er wurde strafversetzt. 1896 suchte er selbst um Entlassung aus dem Schuldienst nach und wurde freier Schriftsteller. 

1893 wurde Damaschke zum Schriftführer der lebensreformerischen Zeitschrift „Der Naturarzt“ berufen. Sie war das offizielle Organ des „Bundes der Vereine für volksverständliche Gesundheitspflege“. Hier setzte er sich insbesondere für eine gesunde und vor allem abstinente Lebensweise ein. In der Naturmedizin – speziell in den heilenden Kräften von Licht, Luft, Wasser und einer einfachen Ernährungsweise – sah er einen schnell wirkenden und gleichsam auch kostengünstigen Beitrag zur Volksgesundheit des Industrieproletariats.

1898 wirkte Damaschke bei der Gründung des „Bundes deutscher Bodenreformer“
mit, dessen Vorsitzender er von 1898 bis 1935 war. Damaschke versuchte, seine Einsichten in die Praxis umzusetzen und gründete unter anderem Siedlungsgesellschaften und Mietergenossenschaften. Damaschkes Ziel war nicht die Enteignung, sondern die Versteuerung der Spekulationsgewinne, um über diesen Weg der Allgemeinheit einen Anteil zuzuführen. Er entwickelte eine umfangreiche Vortragstätigkeit und brachte in zahlreichen Schriften und Büchern seine Gedanken zu Papier. In christlichen Kreisen wurde sein Gedankengut vor allem auch durch den Hamburger Baptistenpastor Carl August Flügge verbreitet. Auch mit dem national-liberalen Sozialreformer Friedrich Naumann verband ihn eine enge Freundschaft.

1919 gelang es den sogenannten Damaschkanern, folgenden Artikel in die Reichsverfassung einzubringen:

Artikel 155: Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen in einer Weise überwacht, die Missbrauch verhütet und dem Ziele zustrebt, jedem Deutschen eine gesunde Wohnung und allen deutschen Familien, besonders den kinderreichen, eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsheimstätte zu sichern ... Grundbesitz, dessen Erwerb zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse, zur Förderung der Siedlung und Urbarmachung oder zur Hebung der Landwirtschaft nötig ist, kann enteignet werden. ...  Die Wertsteigerung des Bodens, die ohne eine Arbeits- oder Kapitalaufwendung auf das Grundstück entsteht, ist für die Gesamtheit nutzbar zu machen. 

Ein weiterer Erfolg der Bodenreformbewegung Damaschkes war das Reichsheimstättengesetz von 1920. Vor 1933 wurden in der 'Weimarer Republik' insgesamt rund 20.000 Kleinhäuser nach dem Reichsheimstättengesetz gebaut, danach bis 1945 weitere rund 60.000 Einheiten.

In der folgenden Zeit entwickelten sich starke Widerstände gegen Damaschkes Reformideen. Bis zuletzt trat Damaschke öffentlich für seine Glaubensüberzeugungen ein. Als 1934 auf einer Tagung der Gesellschaft für Ur- und Vorgeschichte die Ansicht vertreten wurde, der indogermanische Mensch müsse sich vom semitischen Christentum lösen, erwiderte Damaschke: „Wenn deutsche Menschenherzen in ganz hohen und ganz schweren Stunden, in höchster Entfaltung oder in schmerzvollstem Entsagen und Verzweifeln ausschauen nach Trost und Kraft, dann ist es nicht Hermann der Cherusker, nicht Otto von Bismarck, nicht Meister Ekkehard, nicht Fichte oder Lagarde, dann ist es immer Jesu Christi Bild, an dem höchste Freude sich veredelt und tiefster Schmerz versöhnend ausklingt.“

Damaschke heiratete 1903, bekam drei Töchter und besaß ab 1907 ein Grundstück mit Sommerhaus in Werder. Die Universitäten Münster (1919), Berlin (1925) und Gießen (1925) verliehen Damaschke die Ehrendoktorwürde. Er starb nach einer schweren Krebserkrankung 1935 und wurde in Werder an der Havel beigesetzt. 

  

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Zitate

Mehr als durch gesprochene Worte kann man durch ungesprochene Worte Schuld auf sich laden.
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Wieviel Verantwortung laden wir uns auf, wenn wir aus Feigheit oder Faulheit schweigen, da, wo wie mit einem ruhigen offenen Wort irrenden Menschenkindern eine ernste Hilfe hätten erweisen können!

Eine törichte Frau bricht die Kraft; aber eine verständnisvolle verdoppelt sie.

Welcher Gedanke kann so hohe Lebensklugheit geben wie der Todesgedanke! 
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