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Donnerstag, 20. Februar 2014

Die Brüder Mannesmann: Reinhard (mit Schlips) und Max (mit Fliege)

Reinhard Mannesmann

* 13. Mai 1856 in Remscheid
† 20. Februar 1922 ebenda
 

Deutscher Erfinder und Unternehmer.
 
Reinhard Mannesmann wuchs mit seinem Bruder Max und vier weiteren Brüdern als Sohn eines Werkzeugfabrikanten in Remscheid auf. Das elterliche Unternehmen bestand seit 1776 und stellte als eines der modernsten seiner Zeit Eisenfeilen her. Nach dem Abitur am Realgymnasium Düsseldorf (1873) studierte Mannesmann seit 1874 an der TH Hannover, an der Bergakademie und der Universität Berlin sowie in Heidelberg Maschinenbau und Chemie. Seine Berliner Ausbildung schloss er mit einer Arbeit über „Das Verhalten des reinen Kohlenstoffes zum reinen Eisen bei steigender Temperatur“ ab, mit der er nachwies, dass man jeden Kohlenstoffgehalt auf jede gewünschte Tiefe in das Eisen einführen kann. 

1881/82 diente Mannesmann als Einjähriger. Seine praktische Ausbildung erhielt er, wie seine Brüder, unter Anleitung des Vaters in der Fabrik während der Ferien. Er erlernte alle Arbeitsgänge der Feilenfabrikation. 1878 erhielt er zusammen mit seinem Bruder Max sein erstes Patent (Schallverstärker für Fernsprecher). Nachdem die Stahlfabrikation der Firma Mannesmann einen hohen Stand erreicht hatte, erwog Mannesmanns Vater die Diversifikation der Weiterverarbeitung und dachte an die Herstellung von Gewehrläufen. Er ermunterte seine Söhne, die bisherigen Versuche mit Hilfe ihrer speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten fortzusetzen. Reinhard Mannesmann und sein Bruder Max, bald auch assistiert von den Brüdern Alfred und Carl, führten Versuche durch, bis es ihnen gelang, Hohlkörper herzustellen. Darauf beantragten sie Ende 1884 ein Patent, das 1886 mit Wirkung 1885 ausgegeben wurde: "Schrägwalzverfahren mit zugehörigem Walzwerk". 1886 gelang es ihnen, einen dickwandigen Hohlkörper herzustellen. 

Bei den damaligen Dampfmaschinen mit hohen Drücken wurden geschweißte Stahlrohre verwendet. Zahlreiche Unfälle waren die Folge. Insofern war ihre Erfindung ein großer Durchbruch, für die es schnell eine hohe Nachfrage gab. Reinhard und Max Mannesmann beteiligten sich deshalb an der Gründung verschiedener Röhrenwerke in Bous an der Saar, in Komotau in Böhmen, in Remscheid und 1899 in Landore in Wales.

Fünf Jahre später gelang ihnen die Erfindung des Schrägwalzverfahrens, das zusammen mit dem Pilgerschrittverfahren eine Endlosproduktion erlaubte. Im ersten Schritt wurde ein Stahlblock in der Mitte gelocht und dadurch zu einem dickwandigen Hohlkörper, der im zweiten Schritt durch das Schrägwalzverfahren zum fertigen Rohr gewalzt wurde. Auf diese bahnbrechende Erfindung erhielten sie 1890 ein Patent. Bisher ungeahnte Möglichkeiten nicht nur zum Bau von Rohrleitungsnetzen, sondern auch für den Maschinenbau und für neue Einsatzzwecke in der Architektur wurden durch die neuen Stahlrohre, die den bis dahin gebräuchlichen geschweißten Rohren deutlich an Festigkeit überlegen waren, eröffnet. 

Mannesmann-Verfahren: Die Walzen sind schräg zueinander angeordnet (1). Zu Beginn des Walzvorganges wird der Rohling von links an die Walzen herangeführt (2). Durch die schräge Anordnung der Walzen beginnt sich im Kern des Rohlings eine Höhlung zu bilden (3). Im weiteren Verlauf wird der Rohling über den Dorn gezogen, wodurch eine gleichmäßige Ausbildung des Rohres erreicht wird (4).

Die angesehensten Honoratioren der damaligen Zeit erkannten das Potenzial der Erfindung. Sie steckten große Mengen Kapital in das Unternehmen – und wurden enttäuscht. An eine wirtschaftliche Rohrfertigung im großtechnischen Maßstab war nämlich zunächst noch nicht zu denken. Die verschiedenen Werke warfen nicht nur keinen Gewinn ab, sondern erforderten ständig nachgeschossenes Kapital. 1890 fassten Reinhard und Max Mannesmann alle drei Produktionsstandorte in Deutschland und Österreich in der Deutsch-Österreichischen Mannesmannröhren-Werke Aktiengesellschaft zusammen, deren Sitz Berlin wurde. Sie übernahmen den Vorstand der Aktiengesellschaft. Das Grundkapital von 35 Millionen Mark machte die Aktiengesellschaft gleich zu Beginn zu einer der zehn größten Kapitalgesellschaften in Deutschland. 

Auch die Zusammenfassung der Werke brachte keine Lösung. Schließlich verloren die Geldgeber die Geduld; sie zweifelten zwar nicht an der Genialität der Ingenieure Mannesmann, wohl aber an deren Fähigkeiten als Generaldirektoren. Stückweise wurden den Brüdern Kompetenzen genommen, 1893 wurden sie aus der Unternehmensführung gedrängt. Gleichzeitig wurde eisern gespart: Neben der Konzentration auf Gewinn bringende Fabrikate bedeutete dies vor allem die Verkleinerung der Generaldirektion und deren Verlegung aus dem teuren Berlin nach Düsseldorf. Dort wurde ein Schweißrohrwerk eröffnet. Möbelrohre, Fahrradrohre, Beleuchtungs- und Leitungsmaste, Kandelaber. Fahrradrohre in Präzisionsrohrqualität konnten seit 1891 geliefert werden, so dass es um 1895 zu einem Fahrrad-Boom kam. 

Mannesmann war 1893 nach USA gegangen, um das Mannesmannrohr selbst vorzustellen und einen schwebenden Patentanspruch durchzusetzen. Er fand zwar hohe Anerkennung, konnte aber nicht verhindern, dass der Leiter seiner Konstruktionsabteilung in Landore kündigte, gemeinsame Sache mit einem amerikanischen Unternehmer machte und ein Patent erhielt, das die Mannesmannschen Ansprüche aus den US-Patenten umging. Mannesmann konnte sich auf dem amerikanischen Markt deshalb nicht durchsetzen und kehrte 1899 mit seinen Brüdern Alfred, Carl und Robert nach Europa zurück. Alle sechs Brüder Mannesmann entwickelten in der Folgezeit zusammen das Hängeglühlicht, das 1903 patentiert wurde und das Gasglühlicht weiter verbreitete.

Reinhard Mannesmann heiratete 1906. Von 1907 bis zum 1. August 1914 betrieb das Ehepaar in Marokko Handel, Landwirtschaft und Bergbauaktivitäten. Ihr Eigentum in Marokko wurde schließlich auf ein Achtel aller Werte des Sultanats Marokko geschätzt. Dabei konnte Mannesmann sich wieder auf die Mitarbeit seiner Brüder Alfred, Robert und Otto stützen. Otto entwickelte persönliche Beziehungen zu arabischen Fürsten, Alfred übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat der Firma, die 90 000 ha Land erwarb, Handelshäuser aufbaute und ca. 360 000 ha Land einer regelmäßigen Bewirtschaftung zuführte. 1914 wurde das erfolgreiche Unternehmen von Frankreich sequestriert und 1919 vollständig enteignet. 

Aus Marokko noch rechtzeitig vor Kriegsausbruch heimgekehrt, trat Mannesmann 1914 neben seinem Bruder Carl in die Mannesmann-Lichtwerke GmbH in Remscheid ein und rüstete diese um in eine Waffen- und Munitionsfabrik. Mit einer Belegschaft von mehr als 2.000 Personen wurden hier Geschosse und Zünder hergestellt.

Über hundert Jahre lang florierte das ursprüngliche Mannesmann- Unternehmen, es hatte sich seit Ende der 1960er Jahre auch in Gebiete außerhalb des Stahls diversifiziert. Dazu gehörte auch eine ganz neue Branche, der Mobilfunk, für den Mannesmann die Lizenz Anfang 1990 erhielt. Das Geschäftsjahr 1999 wurde, auch dank der Telekommunikationstöchter »Mannesmann Mobilfunk« und »Mannesmann Arcor«, zum besten Jahr der Geschichte. Im Jahr darauf wurde Mannesmann in einer spektakulären Übernahmeschlacht von dem Konkurrenten Vodafone geschluckt. Heute existiert der Mannesmann-Konzern nicht mehr, und das Stichwort »Mannesmannröhren« ist aus dem Duden verschwunden. Produziert werden die Röhren nach dem patentierten Verfahren aber noch immer.

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