Dienstag, 15. Juli 2014

Gottfried Keller  

* 19. Juli 1819 in Zürich 
† 15. Juli 1890 ebenda  

Schweizer Schriftsteller.

 

Keller war der Sohn eines Drechslermeisters und einer Arzttochter. Nach dem Tod des Vaters trat er 1825 in die Armenschule in Zürich ein, wechselte 1831 ins Landknabeninstitut auf der Stüssihofstatt, begann 1833 die Kantonale Industrieschule. Er lernte ohne Mühe und zeigte früh das Bedürfnis, sich malend und schreibend auszudrücken. Aus seiner Knabenzeit haben sich neben phantasievollen Wasserfarbenbildern einige kleine Theaterstücke erhalten, die er, von Darbietungen gastierender Wanderbühnen angeregt, für seine Spielgefährten schrieb und mit ihnen aufführte. Er absolvierte eine Lehre als Kunstmaler und nahm Privatunterricht im Aquarellieren. Im Sommer 1837, mit achtzehn, begegnete ihm ein Aquarellist, der Frankreich und Italien bereist hatte. Er lehrte seinen Schüler erstmals künstlerisch sehen und gewöhnte ihn an strenge Disziplin beim Zeichnen und Malen nach der Natur. 

 

1840 gelangte der knapp Einundzwanzigjährige in den Besitz einer kleinen Erbschaft und verwirklichte sein Vorhaben, sich an der Königlichen Akademie der Künste in München weiterzubilden. Keller übersiedelte  nach München, um sich zum Maler ausbilden zu lassen. München war teuer. Da an Bildverkäufe anfangs nicht zu denken war, versuchte Keller sein Mitgebrachtes zu strecken, indem er sich mit einer Mahlzeit täglich begnügte. Darauf erkrankte er an Typhus. Arzt und Pflege beanspruchten seine Mittel zusätzlich; so war die Erbschaft bald aufgebraucht. Keller machte Schulden und musste seine Mutter um Unterstützung bitten, die sie ihm wiederholt gewährte, zuletzt mit geliehenem Geld. Im Herbst 1842 zwang die Not den Maler, seinen Aufenthalt in München abzubrechen.

 

Politisiert im Vorfeld des Sonderbundskrieges , trat Keller Mitte der 1840er Jahre erstmals mit politischer Lyrik an die Öffentlichkeit ("Sie kommen, die Jesuiten" 1844). Keller nahm 1844 und 1845 an den beiden Zürcher Freischarenzügen nach Luzern teil. Zu dieser Zeit pflegte er Kontakte zur deutschen Emigrantenszene. Seit etwa 1831 wurden Gegner der europäischen Fürstenherrschaft in der Schweiz bereitwillig aufgenommen und fanden berufliche und politische Wirkungsmöglichkeit. Der rege Zustrom aus Deutschland bewirkte, dass der Lehrkörper der 1833 gegründeten Universität Zürich anfangs überwiegend aus oppositionellen deutschen Akademikern bestand. Gönner gewannen die Zürcher Regierung dafür, Keller ein Stipendium zu einer Bildungsreise zu gewähren. Vorbereitend sollte er ein Jahr an einer deutschen Universität verbringen.

 

1848-50 hielt Keller sich zu Studienzwecken in Heidelberg auf. Mit seinen Stipendiengebern einigte Keller sich darauf, nicht wie vorgesehen eine Orientreise zu unternehmen, sondern die Arbeit an seinen Theaterstücken in Berlin fortzusetzen. Er hoffte, sich an den renommierten Bühnen der preußischen Hauptstadt als Theaterschriftsteller zu etablieren. Von 1850 bis 1855 war Keller dann in Berlin. Er brachte den autobiografisch geprägten Bildungsroman "Der grüne Heinrich" (1854-55) zum Abschluss und arbeitete an verschiedenen Novellenzyklen, darunter "Die Leute von Seldwyla" (1856) . Keller fühlte sich in Berlin nie heimisch. In den letzten beiden Jahren zog es ihn immer stärker in die Schweiz zurück. 

 

Nachdem er wieder in Zürich Wohnsitz genommen hatte, beteiligte er sich an der demokratischen Opposition gegen das sog. System Escher . Keller machte Bekanntschaft mit Richard Wagner und Gottfried Semper . Er besaß nun zwar einen Namen als Dichter und Erzähler. Doch blieb seine wirtschaftliche Lage weiter prekär: Ohne die freie Kost und Wohnung bei der Mutter, zu deren Haushaltung auch seine Schwester durch ihren Verdienst als Verkäuferin beisteuerte, hätte er nicht leben können.

 

Schließlich wurde Keller 1861 wurde zum ersten Staatsschreiber des Kantons Zürich gewählt. Er gelangte damit in das bestbesoldete Amt, das seine Heimatrepublik zu vergeben hatte. Keller zog mit Mutter und Schwester in das Zürcher „Steinhaus“, wo sich im ersten Stock die Kanzlei, im zweiten die Dienstwohnung des Staatsschreibers befand. 1864 verstarb Kellers Mutter in ihrem siebenundsiebzigsten Lebensjahr. 1861 bis 1866 war er Mitglied des Großen Rats. 1866 verlobte er sich mit Luise Scheidegger, die sich zwei Monate später das Leben nahm. 

 

Nach seinem Rücktritt als Staatsschreiber 1876 war Keller als freier Schriftsteller tätig.

Noch während seiner Amtszeit veröffentlichte Keller die "Sieben Legenden" (1872). 1874 folgten fünf weitere Seldwylernovellen: 'Kleider machen Leute', 'Der Schmied seines Glückes', 'Die missbrauchten Liebesbriefe', 'Dietegen' und 'Das verlorene Lachen'. Später erschienen die "Züricher Novellen" (1876-77), die stark überarbeitete Zweitfassung des "Grünen Heinrich" (1879-80), "Das Sinngedicht" (1881), die "Gesammelten Gedichte" (1883) sowie den Altersroman "Martin Salander" (1886). Keller setzte sich in seinem Werk kritisch mit Fragen der Säkularisierung, der Nationenbildung und des Wirtschaftsliberalismus am Ende des 19. Jahrhunderts auseinander. 

 

Keller unterhielt eine umfangreiche Korrespondenz, unter anderem mit Theodor Storm . Keller, dessen Werk bestimmend ist für den bürgerlichen Realismus, gehört neben Jeremias Gotthelf und Conrad Ferdinand Meyer   zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schweizer Autoren des 19. Jahrhunderts. 1888 starb Kellers Schwester. Er selbst starb zwei Jahre später.  

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Abendlied

 Augen, meine lieben Fensterlein,
Gebt mir schon so lange holden Schein,
Lasset freundlich Bild um Bild herein:
Einmal werdet ihr verdunkelt sein!

Fallen einst die müden Lider zu,
Löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh;
Tastend streift sie ab die Wanderschuh',
Legt sich auch in ihre finstre Truh.

Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend stehn,
Wie zwei Sternlein innerlich zu sehn,
Bis sie schwanken und dann auch vergehn,
Wie von eines Falters Flügelwehn.

Doch noch wandl' ich auf dem Abendfeld,
Nur dem sinkenden Gestirn gesellt;
Trinkt, o Augen, was die Wimper hält,
Von dem goldnen Überfluß der Welt!

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Zitate

Laßt uns am Alten
so es gut ist halten.
Doch auf altem Grund
Neues schaffen zu jeder Stund.

Wenn schlechte Leute zanken,
riecht’s übel um sie her;
doch wenn sie sich versöhnen,
so stinkt es noch viel mehr.

Wer nicht Meister sein will, muß eben Gesell bleiben und Vorgesetzte haben sein Leben lang.

Wenn du kannst, so lasse ab vom Kleinen und suche das Große.

Es ist gesünder, nichts zu hoffen und das Mögliche zu schaffen, als zu schwärmen und nichts zu tun.

Wer nichts tut, weiß nicht, wie süß die Ruhe ist.

Nur die Ruhe in der Bewegung hält die Welt und macht den Mann.

Trau keinem, der nie Partei genommen.

Wo kein Geld ist, da gibt's auch keine Freunde, das ist ein alter Satz.

In geborgtem Geld ist kein Segen.

Achte jedes Menschen Vaterland, aber das deinige liebe!

Es wird eine Zeit kommen, wo in unserem Lande, wie anderwärts, sich große Massen Geldes zusammenhängen, ohne auf tüchtige Weise erarbeitet und erspart worden zu sein; dann wird es gelten, dem Teufel die Zähne zu weisen; dann wird es sich zeigen, ob der Faden und die Farbe gut sind an unserem Fahnentuch!

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