Montag, 27. Januar 2014
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David Friedrich Strauß 

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* 27. Januar 1808 in Ludwigsburg  
† 8. Februar 1874 ebendort 

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Deutscher Schriftsteller, Philosoph und Theologe.

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Strauß wurde als drittes Kind eines Kaufmanns und einer Pfarrerstochter geboren. Mit seinem jüngeren Bruder verband ihn ein inniges Verhältnis. Während der Vater sich in religiöse Spekulationen vergrub, zeichnete sich die Frömmigkeit der Mutter durch ihre undogmatische und pragmatische Art aus. Strauß besuchte ab 1821 das Gymnasium in Blaubeuren und studierte ab 1825 Theologie am Evangelischen Stift zu Tübingen. Richtung bekam sein Studium erst, als Ferdinand Christian Baur 1826 einen theologischen Lehrstuhl in Tübingen übernahm. Bei ihm hörte Strauß neutestamentliche, kirchen- und dogmengeschichtliche Vorlesungen und legte so den Grund für seine umfassenden historischen Kenntnisse des Christentums. 1830 wurde er Vikar und 1831 Professoratsverweser am Seminar zu Maulbronn ; er ging aber noch ein halbes Jahr an die Universität zu Berlin, um Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher zu hören. 1832 wurde er Repetent am Tübinger Stift und hielt zugleich philosophische Vorlesungen an der Universität.
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Durch seine 1835/1836 erschienene Schrift 'Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet' erregte er ein unerhörtes Aufsehen. Strauß wandte dort das auf dem Gebiet der Altertumswissenschaften begründete und bereits zur Erklärung alttestamentlicher und einzelner neutestamentlicher Erzählungen benutzte Prinzip des Mythos auch auf den gesamten Inhalt der evangelischen Geschichte an, welche er als Produkt des dichtenden urchristlichen Gemeingeistes deutete. Die inhaltlich Hermann Samuel Reimarus nahestehende Schrift sorgte für eine ungewöhnliche Kontroverse. Die Erwiderungen bildeten eine eigene Literatur, in der kaum ein theologischer und philosophischer Name von Bedeutung fehlte. Seine Antworten erschienen als Streitschriften (1837). 
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Für Strauß selbst war seine Deutung die konsequente Anwendung der Philosophie Hegels. So wurde der Gottessohn nicht als einzelner Mensch, sondern als die Idee der Menschheit betrachtet. Jesus sei der sich seiner Herrlichkeit entäußernde unendliche Geist und der sich seiner Unendlichkeit erinnernde endliche Geist. Unter dieser Voraussetzung konnte Strauß sogar die Lehre von Christi übernatürlicher Geburt, der Auferstehung und Himmelfahrt und auch die Wunder als „ewige Wahrheiten“ gelten lassen. Nach der Meinung von Strauß müsse sich der Theologe als Wissenschaftler  klarmachen, dass das Neue Testament ein Buch sei, das Sage und keine historischen Berichte enthielte. Das einfache Gerüst des Lebens Jesu sei von den ersten Christen mit einem mythischen Rankenwerk umgeben worden, das man dem Alten Testament entnahm, um damit auszudrücken, dass Jesus die Messiasverheißungen erfüllt 
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Für das Alte Testament wurde die kritische Leben-Jesu-Forschung vor allem von Julius Wellhausen weitergeführt. Strauß' Wirkung wird verständlich, wenn man die Lutherische Orthodoxie betrachtet, die jede Kritik an den Evangelienberichten als „Betrug“ oder „Geisteskrankheit“ ablehnte. Strauß, der noch 1835 von seiner Repetentenstelle entfernt worden war und als Professoratsverweser nach Ludwigsburg versetzt wurde, dann jedoch bald in den Privatstand wechselte, entfernte sich im Laufe seines Lebens immer weiter vom Christentum. 

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In Stuttgart entstand 1839 die Abhandlung 'Über Vergängliches und Bleibendes im Christentum'. Der Ruf als Professor für Dogmatik und Kirchengeschichte an die Universität Zürich erregte derart lebhaften Widerspruch, dass Strauß noch vor Antritt seiner Stelle mit 1000 Franken Pension in den Ruhestand versetzt werden musste. Als Folge wurde 1839 die liberale Regierung von Zürich gestürzt. Sein zweites Hauptwerk 'Die christliche Glaubenslehre', wurde von 1840 bis 1841 in zwei Bänden veröffentlicht. Es enthält eine scharfe Kritik der einzelnen Dogmen in Form einer geschichtlichen Erörterung ihres Entstehungsprozesses.
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1842 heiratete Strauß die Sängerin Agnese Schebest , mit der er eine Tochter und einen Sohn hatte. Die Ehe wurde 1848 geschieden. 1848 wurde Strauß von seiner Vaterstadt Ludwigsburg als Kandidat für das deutsche Parlament aufgestellt, unterlag jedoch. Als er dann zum Abgeordneten der Stadt Ludwigsburg für den württembergischen Landtag gewählt wurde, zeigte er eine konservative Haltung, die ihm ein Misstrauensvotum seiner Wähler eintrug, woraufhin er schon im Dezember 1848 sein Mandat niederlegte.

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Strauß wohnte danach in Heilbronn, Heidelberg, München, Darmstadt, und Ludwigsburg. Während dieser Zeit entstanden seine biographischen Arbeiten: Schubarts Leben in seinen Briefen (1849), Christian Märklin, ein Lebens- und Charakterbild aus der Gegenwart (1851), Leben und Schriften des Nikodemus Frischlin (1855), Ulrich von Hutten (1858), Hermann Samuel Reimarus (1862), Voltaire, sechs Vorträge (1870); ferner kleinere Schriften biographischen und literatur-kunstgeschichtlichen Inhalts (1862), woraus Klopstocks Jugendgeschichte (1878) und Lessings Nathan der Weise (1877) gesondert erschienen.
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Eine neue, für das Volk bearbeitete Ausgabe des Lebens Jesu (1864) wurde in mehrere europäische Sprachen übersetzt. In diesem Zusammenhang erschien auch Der Christus des Glaubens und der Jesus der Geschichte, eine Kritik des Schleiermacher'schen Lebens Jesu. In seinem 1872 veröffentlichten Werk Der alte und der neue Glauben vertrat er einen vom Materialismus beeinflussten Monismus. 1874 verstarb Strauß in Ludwigsburg im Alter von 66 Jahren an den Folgen eines Darmleidens und wurde auf eigenen Wunsch ohne Glockengeläut und Mitwirkung eines Geistlichen bestattet.

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Weitere Infos:    

Der Ertrag des „Leben Jesu, kritisch bearbeitet“ von Strauß lässt sich thesenartig wie folgt zusammenfassen:

1. Die im Matthäus- und Lukasevangelium (Mt 1,1-17; Lk 3,23-38) überlieferten Stammbäume können nicht überzeugend miteinander harmonisiert werden. Unabhängig voneinander entstanden, haben sie beide die Funktion, die Anerkennung Jesu als Messias durch den genealogischen Nachweis der Davidssohnschaft zu rechtfertigen.

2. Im Gegensatz zu den Stammbäumen Jesu, die die natürliche Elternschaft Josephs und Marias voraussetzen, berichten die Geburtsgeschichten im Matthäus- und Lukasevangelium von einer übernatürlichen Erzeugung Jesu. Dabei haben mehrere Faktoren auf die Entstehung dieser mythischen Vorstellung eingewirkt: die Vergöttlichung großer Männer und Wohltäter in der griechisch-römischen Antike, der Gedanke der Mitwirkung Gottes bei der Erfüllung eines menschlich kaum realisierbaren Kinderwunschs im Judentum, das wörtlich Nehmen des ursprünglich bildlich gemeinten Messiastitels „Sohn Gottes“.

3. Jesus wurde in Nazareth geboren. Dagegen beruht die von Matthäus und Lukas auf unterschiedliche Weise vorgenommene Lokalisierung in Bethlehem auf Fiktion, um das prophetische Postulat von Mi 5,1 zu erfüllen: „Du aber, Bethlehem Ephrata, […] aus dir wird mir hervorgehen, der über Israel herrschen soll“, wonach also Jesus als Messias in Bethlehem geboren sein müsse.

4. Jesus wurde von der Bußpredigt des Täufers angesprochen und ließ sich von ihm taufen, sich offenbar selbst zu den Sündern rechnend. Er gehörte wohl einige Zeit dem Schülerkreis des Täufers an und wurde durch ihn mit der Botschaft vom sich nahenden Messiasreich vertraut gemacht.

5. Die Tendenz der Evangelienüberlieferung geht dahin, Johannes den Täufer Jesus unterzuordnen. Während der historische Täufer einen nach ihm Kommenden ankündigte, ohne diesen mit Jesus zu identifizieren, bildete sich die Geschichte von der Anfrage des Täufers aus dem Gefängnis (Mt 11,2-6) als „der erste, gleichsam noch schüchterne Versuch, den Täufer für Jesum zeugen zu lassen“ (I, 362).

6. Sämtliche in den Evangelien mitgeteilten Begleitumstände von Jesu Taufe sind unhistorisch. Die zugrunde liegende Erzählung von der Herabkunft des Geistes auf Jesus bei seiner Taufe entstand bei solchen Christen, die von einer Erzeugung Jesu durch den Geist nichts wussten.

7. Die Versuchungsgeschichte ist eine urchristliche Sage, die – unter Aufnahme alttestamentlich-jüdischer Vorstellungen und Motive – Jesus zum Eintritt in das Messiasamt die Versuchungen vonseiten des Satans als des Widersachers des Messias siegreich bestehen lässt.

8. Nach der Inhaftierung des Täufers trat Jesus als dessen Schüler zunächst in dessen Fußstapfen, indem er in seiner Umkehrpredigt das Nahen des Reiches Gottes ansagte. Sprach er anfangs vom Kommen des Messias bzw. des Menschensohns als einer von ihm unterschiedenen Person, so setzte sich bei ihm erst allmählich die Überzeugung durch, selbst der Messias zu sein – ein Gedanke, der von außen an ihn herangetragen wurde.

9. Damit ging bei Jesus die Erwartung einher, „den Thron Davids wiederherzustellen und mit seinen Jüngern ein befreites Volk zu beherrschen“ (I, 493). Dies sollte freilich nicht eine politische Umwälzung, sondern eine von Gott bewirkte Revolution ermöglichen.

10. Das mosaische Gesetz schätzte Jesus um dessen religiös-moralischen Kerns willen. Dennoch beabsichtigte er nicht, die rituellen Bestimmungen der Thora aufzuheben.

11. Jesus wandte sich mit seiner Verkündigung an die Angehörigen seines Volks. Heidenmission praktizierte er nicht; diese ist ein nachösterliches Phänomen.

12. Während die synoptischen Evangelien, also das Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium, Worte des historischen Jesus am ehesten treu bewahrt haben, sind die „johanneischen Reden Jesu im Ganzen freie Kompositionen des Evangelisten“ (I, 675).

13. Jesus wirkte als Exorzist. Dabei bediente er sich keiner äußeren Mittel und Beschwörungen bei einer anderen Macht, sondern er trieb nur durch sein Wort die Dämonen aus.

14. Was die sonstigen in den Evangelien überlieferten Wundertaten Jesu betrifft, können allenfalls solche dem historischen Jesus zugesprochen werden, in denen eine Heilung durch geistige Einwirkung geschieht.

15. Die Geschichte von der Verklärung Jesu ist ein Mythus, der die Verklärung des Mose überbietet, Jesus als den Messias mit seinen beiden Vorläufern Mose und Elia zusammenbringt und seine messianische Würde durch die Himmelsstimme bekräftigt.

16. Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt und haben die Funktion, den schmachvollen Kreuzestod Jesu als Bestandteil des göttlichen Heilsplans erscheinen zu lassen. Entsprechendes gilt für Jesu Voraussagen seiner Auferstehung. Schließlich handelt es sich auch bei den Ankündigungen des Verrats durch Judas, der Verleugnung durch Petrus und der Zerstreuung aller Jünger um im Nachhinein formulierte Weissagungen.

17. Während der endzeitliche Ausblick „Amen, ich sage euch: Ich werde von dem Gewächs des Weinsstocks nicht mehr trinken bis zu jenem Tage, wo ich es neu trinken werde im Reich Gottes“ (Mk 14,25 par Mt 26,29) auf Jesu letztes Mahl zurückgeht, wurden Jesus die Deuteworte beim Abendmahl von den ersten Christen in den Mund gelegt.

18. Die kurze Zeit nach der Kreuzigung Jesu einsetzenden Erscheinungen des auferstandenen Christus sind subjektive, d.h. psychologisch erklärbare Visionen. Nicht nur Jesu Tod, sondern auch seine Auferstehung fanden seine Anhänger im Alten Testament geweissagt. Als nämlich der erste Schrecken nach der Kreuzigung verflogen war, sei in den Jüngern psychologisch ein Bedürfnis entstanden, den Widerspruch zwischen Jesu Hinrichtung und „ihrer früheren Ansicht von ihm aufzulösen, in ihren Begriff vom Messias das Merkmal des Leidens und Todes mit aufzunehmen“ (II, 659). So hätten sie nicht nur den Tod des Messias, sondern auch seine Auferstehung in ihren heiligen Schriften geweissagt gefunden.

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Zitate


Wie eine Nation durchschnittlich die Thiere behandelt, ist ein Hauptmaßstab ihres Humanitätswerths.

Das Publikum ist eine Kuh,
das grast und grast immerzu.

Gott segnet nicht durch Ruhe und Wohlsein,
sondern durch Aufgaben.

Fort mit deinem alten Laster!
Allen Mißmut ausgefegt!
Für die Wunden die es schlägt,
reicht das Leben auch das Pflaster.
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