Donnerstag, 26. Juni 2014

Luise Adelgunde Victorie Gottsched 

* 11. April 1713 in Danzig 
† 26. Juni 1762 in Leipzig

Deutsche Schriftstellerin.

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Als Tochter eines Danziger Arztes erhielt Luise Adelgunde Victorie Kulmus schon früh Unterricht in fremden Sprachen und musischen Fächern. Im Alter von 16 Jahren lernte sie Johann Christoph Gottsched , Professor für Poesie in Leipzig, kennen und heiratete ihn sechs Jahre später. Die Vorlesungen ihres Mannes musste sie der Konvention wegen hinter einer verschlossenen Tür lauschend verfolgen. Gottsched führte sie in seinen geistigen Kreis ein und ließ sie an allen Aktivitäten teilhaben. Luise war äußerst sprachbegabt, sie beherrschte Englisch und Französisch und eignete sich Latein und Griechisch an. 

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In Leipzig wurde die 'Gottschedin' zu einer Figur des literarischen Lebens. Sie hatte erheblichen Anteil an den Arbeiten ihres Ehemanns, führte die Korrespondenz, baute die Bibliothek auf, schrieb Schriftstücke ab und beteiligte sich an Übersetzungen von Büchern und Zeitschriften aus verschiedenen europäischen Sprachen. Zu Gottscheds Werken führte sie eigenständige Voruntersuchungen durch oder lieferte Beiträge dazu. Sie schrieb eine Reihe von eigenen Komödien und Tragödien, die sie teilweise anonym herausgab. Ihre bekanntesten Stücke sind: 'Die Pietisterey im Fischbein-Rocke' (1736) , 'Das Testament' (1745) und 'Der Witzling' (1745) .


Im Juli und August 1742 machte Luise Gottsched eine Reise nach Danzig und Königsberg, im August 1749 einen Kuraufenthalt in Karlsbad, anschließend eine Reise nach Wien mit einer Audienz bei der Kaiserin Maria Theresia ,  und schließlich im Sommer 1753 eine Reise über Naumburg, Erfurt, Gotha, Kassel, Göttingen nach Hannover, zurück über Braunschweig und Halberstadt wieder nach Leipzig. Sie starb in Leipzig im Alter von 49 Jahren nach einem Schlaganfall. Im folgenden Jahr gab ihr Ehemann postum ihre »Sämmtlichen kleineren Gedichte« heraus.
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Weitere Infos:  

Brief von Luise Gottsched an eine Freundin vom 28. Sept. 1749, einen Tag nach der Audienz bei der Kaiserin Maria Theresia in Schloss Schönbrunn:

Des Morgens um 10 Uhr waren wir in Schönbrunn, wohin uns der Graf Esterhasi (der uns diese Audienz veranlasset) bestellet hatte. Er glaubte indessen noch, daß wir nur in der großen Antichambre der Kaiserinn, mit 100 andern Personen zugleich die Hand küssen würden, wenn Sie nach der Kirche gienge. Wir hielten uns also daselbst mit ihm zugleich auf, und hatten in einer halben Stunde die Gnade, die drey Durchl. Erzherzoginnen vorbey gehen zu sehen; die aber, auf des Hrn. Grafen Bericht an die Fürstinn 
Trautson, (ihre Oberhofmeisterinn) wer wir wären, wieder umkehreten, und uns die Hand zum Küssen reicheten: wobey ich die Ehre genoß, von der ältesten Durchl. Prinzeßinn (Sie ist 10 Jahre alt) ein überaus gnädiges Compliment, wegen des vielen Guten was Sie von mir gehöret hätte, zu vernehmen, und dabey Ihren Verstand und Ihre Leutseligkeit zu bewundern. 

Verzeihen Sie mir, mein Engel, daß dieser Absatz ein wenig ruhmredig klingt. Es wird noch viel ärger kommen: allein ich kann Ihnen keinen Begriff von der fast unglaublichen Gnade dieser höchsten Personen zu machen; ohne viel Gutes von mir herzuschreiben: davon Sie am Besten wissen, daß es nicht halb wahr ist.
 
Gegen eilf Uhr kam ein Kaiserl. Kammerfourier und sagte uns, wir sollten ihm folgen. Er führte uns durch viel prächtige Gemächer, in ein klein Gemach, welches durch eine spanische Wand noch um die Hälfte kleiner gemacht war, die Kaiserinn zu erwarten. In wenigen Secunden, kam die Fürstinn von Trautson, machte uns abermals ein sehr gnädig Compliment, und versprach uns die baldige Ankunft Ihrer Majestät. Die erfolgte in wenigen Minuten, in Begleitung obiger drey Erzherzoginnen. Wir setzten uns auf das linke Knie und küßten die allerhöchste und schönste Hand, die jemals den Zepter geführet hat. Die Kaiserinn hieß uns mit einem Gesichte, welches auch in der furchtsamsten Seele, alle die Scheu vor einer so hohen Gegenwart und wunderschönen Gestalt, hätte in Liebe und Zutrauen verwandeln können, aufstehen: wir thaten es, und Sie hub gegen meinen Mann an: Ich sollte mich scheuen mit dem Meister der deutschen Sprache, deutsch zu reden. Wir Oesterreicher haben eine sehr schlechte Sprache. Auf meines Mannes 
Versicherung: daß er schon vor 14 Tagen, das reine und vollkommene Deutsch bewundert hätte, als Ihre Majestät, bey Eröffnung des Landtages, ihre Stände, gleich der Göttinn der Beredsamkeit angeredet. Hier erwiederte Sie: So? haben Sie mich belauscht? und setzte mit hellem Lachen hinzu: Es ist gut, daß ich das nicht gewußt habe; sonst wäre ich stecken geblieben! 

Sie wandte sich darauf zu mir, und fragte: wie ich es gemacht hätte, daß ich so gelehrt geworden wäre? Ich erwiederte: ich wünschte es zu seyn, um des Glückes, welches mir heute begegnete, und wodurch ganz allein mein Leben merkwürdig werden würde, nicht so gar unwerth zu seyn. Es hieß: sie sind 
zu bescheiden: ich weis es gar wohl, daß die gelehrteste Frau von Deutschland vor mir steht. Meine Antwort war: Meines Wissens, ist die gelehrteste Frau, nicht nur von Deutschland, sondern von ganz Europa, Beherrscherinn von mehr als einem Königreiche. Die Kaiserinn erwiederte: Wofern ich sie kenne; so irren sie sich. Sie wandte sich wieder zu meinem Manne, und nach einigen Fragen, die Leipziger Akademie betreffend, trat jemand in das Zimmer, den ich für den gnädigsten und wohlgebildetsten Minister des Kaiserl. Hofes würde gehalten haben; wenn nicht die Kaiserinn gesagt hätte: das ist der Herr! 

Hier legten wir uns beyde in die vorige spanische Reverenz und Se. Majestät der Kaiser (denn der war es), gab meinem Manne die Hand zu küssen; vor mir aber zog er sie zurück, und hieß uns beyde aufstehen. Er fieng an mit meinem Manne zu reden, und die Kaiserinn fragte mich: ob ich bereits viel in Wien gesehen hätte? Ich nannte Ihr die vornehmsten Sachen, und auf Ihre Frage: was mir unter allen am Besten gefallen hätte? konnte ich, meinem Herzen und Gewissen nach, unmöglich anders antworten, als: Ich wünschte, daß außer Eurer Kaiserl. Majestät mich irgend jemand in der Welt das fragen möchte. 

Das allergnädigste Lächeln, so jemals von einer gekrönten Schönheit gesehen werden kann, gab mir zu verstehen, daß dieser großen Frau auch ein so schlechter Beyfall nicht zuwider war. Sie erzählte mir darauf, wie die Bibliothek vor einigen Jahren ein Heumagazin abgeben müssen, worauf das Gespräch allgemein ward: und, nachdem die Kaiserinn mir gesaget, wie Sie 
es wohl gehöret hätte, daß ich in Wien, sowohl auf der Kaiserl. Bibliothek, als andertwärts, viel Kenntniß der griechischen Sprache verrathen, fragte mich Se. Majestät der Kaiser: wie viel Sprachen ich denn verstünde? Konnte ich Ihm wohl mit Wahrheit anders antworten, als: Allerdurchlauchtigster Herr! eigentlich keine recht! Beyde höchste Personen begehrten also mit 
Lächeln die Antwort von meinem Manne, der denn ein Regigister von meiner Sprachwissenschaft machte, das ich ihn verantworten lasse. 

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[Ergänzung durch Johann Christoph Gottsched nach dem Tode seiner Frau:] Noch eine Frage mit ihrer Beantwortung und Gegenantwort muß ich hier ergänzen, so die Selige ausgelassen hat. „Haben Sie denn auch Familie, fragte die gnädigste von allen Kaiserinnen. Nein! allergnädigste Frau, erwiederte die Selige, so glücklich bin ich nicht. Ach! sie meynen das sey ein Glück, Kinder zu haben; versetzte die Kaiserinn: allein sie bringen einem 
auch viel Sorgen. Die Selige: E. Kais. Majestät werden diese Last am wenigsten empfinden, da die geschicktesten Personen von Dero Königreichen Ihnen dieselbe erleichtern helfen. Der Kaiserinn Majestät: Ey man hat doch auch seine Verdruß davon. Nun, ich wünsche, daß die Wiener Luft ihnen wohl bekommen möge! die Selige: ich würde mir das größte Gewissen machen, Eurer Kaiserl. Majestät einen Unterthan zu entführen. Der Kaiserinn Majestät: Ey! ich schenke ihnen denselben von ganzem Herzen: nehmen sie ihn in Gottes Namen mit. 
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Nach einigen fernern Reden und Gegenreden, fragte uns die Kaiserinn: ob wir den Erzherzog gesehen hätten? Als wir mit Nein antworteten, befahl Sie ihn zu holen. Er kam mit seinem Oberhofmeister, dem Grafen Bathiani, und nach dem Handkusse, redten beyde Kaiserl. Majestäten mit meinem Manne allerley, diesen jungen Herrn betreffend. Besinnen Sie sich, mein Engel! was ich oben von dem engen Raume gesagt; und daß wir nunmehro 10 Personen im Zimmer waren, folglich einander so nahe stunden, daß nothwendig der 
Kaiser beynahe meinen Mann, und ich die Kaiserinn berühren mußte, so sehr ich mich auch an die Wand drängte. Das war aber noch nicht genug: sondern es kam auch noch die Prinzeßinn Charlotte (des Kaisers Schwester) hinein. 

Mein Mann gieng zum Handkusse; und ich nahm Anstand weil ich mich bey der Kaiserinn vorbey dringen mußte. Diese Frau aber, die in der Gnade alle Hoffnung übertrifft, hieß mich mit der freundlichsten Mine, Sie vorbey, und hinzutreten. Ich that es, und bald darauf sagte die Kaiserinn: Nun, Sie müssen meine andern Kinder auch sehen: worauf wir abermals zum Handkusse, wie das erste mal, kamen, und die sämtl. Herrschaft uns verließ. 

Die Fürstinn Trautson führete uns hierauf zu den drey übrigen kleinen 
Engeln, die wir in zweyen Zimmern beym Frühstücken und unter der Aufsicht der Gräfinn Sarrau, fanden. Wir küßten die kleinen Durchl. Händchen allerseits, und wurden hernach in alle Kaiserl. Zimmer geführet, welches eine außerordentliche Gnade ist, die dem 1000ten Fremden nicht geschieht. 

Wir kehreten zurück und speisten zu Mittage bey dem Fürsten Dietrichstein, allwo wir die Gräfinn Harrach, Fürstinn von Lichtenstein, den Grafen Khevenhüller, und mehrere Excellenzen fanden, die alle uns gratulirten und bezeigten, daß wir mit ganz außerordenlicher Gnade wären empfangen worden.

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Zitate

Es ist mir allemal eine Freude, wenn die Thorheit und Bosheit in ihre eigene Falle fällt.

... vergnügte ich mich über die sinnreiche Art, welcher sich der Verfasser [einer französischen Komödie] bedienet hatte, die Frömmlinge und Scheinheiligen seines Orts zum Gelächter zu machen; Und ich wünschte von Hertzen, daß sich auch in unserer Kirche eine scharffsinnige Feder finden und dem Unheile der Scheinheiligkeit auf gleiche Art steuren möchte. 
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