Sonntag, 31. August 2014

Einweihung des Oberländischen Kanals

am 31. August 1860.

Der Oberländische Kanal, auch Oberlandkanal oder Kanal Elbing-Osterode genannt, befindet sich im ostpreußischen Oberland. Er wurde von 1844 bis 1860 unter der Leitung des königlich preußischen Baurats Georg Steenke aus Königsberg (Preußen) erbaut. 

Der Oberländische Kanal verbindet mehrere Seen wie den Geserichsee und Städte in Ostpreußen von Deutsch Eylau über Osterode bis Elbing zum Frischen Haff. Die Länge des Kanals beträgt 129,8 km bis Deutsch Eylau, wobei der Abschnitt Elbing–Osterode, mit dem der Kanal meist identifiziert wird, 82 km lang ist. Als Besonderheit gelten die fünf Rollberge, auf denen die Schiffe zur Bewältigung des Höhenunterschieds von 99 Metern auf Schienenwagen über Land transportiert werden. Sie sind als Standseilbahnen ausgelegt, die von Wasserrädern angetrieben werden.
 
Bereits 1789 entstand ein Plan, das ostpreußische Oberland wegen seines reichen Holzvorkommens auf einer kürzeren Schiffsroute mit der Ostseeküste zu verbinden. Der Holztransport auf dem Schiffweg über die Drewenz nach Thorn, über die Weichsel, die Nogat und den Kraffohlkanal zum Frischen Haff dauerte mehr als sechs Monate und war deshalb unrentabel. 1803 stellte der Landesbaurat Eytwelin das Projekt eines Kanals mit der Umgehung von Thorn vor, dessen Bau jedoch nicht realisiert wurde. 1825 wurde das Projekt erneut aufgegriffen und der Bau vom preußische Landesparlament beschlossen. Zunächst war der Ingenieur Severin aus Marienwerder als Bauleiter vorgesehen, der aber bereits in der Planungsphase scheiterte.

1836 begann die konkrete Planung durch Georg Steenke, unter dessen Leitung bereits 1833 der Seckenburger Kanal in der Memelniederung erbaut worden war. Mitarbeiter waren die Ingenieure Severin und Carl Lentze, der hauptsächlich als Konstrukteur der Weichselbrücke in Dirschau bekannt wurde und später beim Bau des Suezkanals mitwirkte. Steenke legte zunächst den Kanalweg fest und erwog erste hydrotechnische Lösungen. In den Bereich der Legende gehört jedoch, dass er dem damaligen preußischen König Friedrich Wilhelm III. schon in diesem Jahr vorschlug, zur Überbrückung des Höhenunterschiedes von fast 100 m auf der 9 km langen Kanalstrecke von Buchwalde nach Kussfeld eine Schifffahrt über Berge mit geneigten Ebenen einzurichten. Stattdessen hatte Steenke zunächst 20 Kammerschleusen vorgesehen, was jedoch zu kostspielig war und eine effektivere Lösung erforderte. Aus diesem Grund unternahm er verschiedene Reisen, darunter nach Belgien, Holland und Bayern, um die neuesten hydrotechnischen Anlagen zu begutachten.

Die Planung des Kanals dauerte insgesamt fast 20 Jahre bis 1844. Nach acht Jahren Bauzeit war ein Teilbereich bis Liebemühl und Deutsch Eylau fertiggestellt. In der Zeit von 1844 bis 1850 waren bereits fünf Kammerschleusen südlich vom Drausensee fertiggestellt. 1850 machte Steenke eine Reise in die USA, um die hydrotechnischen Anlagen auf dem Morriskanal in New Jersey zu inspizieren, wo außer Kammerschleusen 23 geneigte Ebenen mit Wagen, auf denen die Schiffe transportiert wurden, eingerichtet waren. Steenke hielt diese Lösung für zu wenig effektiv und konstruierte stattdessen mit seinen Mitarbeitern Severin und Lentze Ebenen mit Gipfeln, die die Kammerschleusen unnötig machten und eine technische Innovation bedeuteten.

 

Eine Höhendifferenz von jeweils 20 Metern wurde durch eine geneigte Ebene überwunden. Auf jeder Geneigten Ebene laufen zwei Eisenbahngleise nebeneinander, auf denen Gitterwagen zur Beförderung der Schiffe zugleich bergauf und bergab aneinander vorbeifahren. Beide Gitterwagen stehen durch starke Drahtseile, die über mächtige, sich drehende Scheiben laufen und eigentlich ein Seil ohne Ende darstellen, so in Verbindung, dass der Schwung des hinabfahrenden Wagens auf den hinauffahrenden übertragen wird. Das sparte Energie. Außerdem gewann man die Antriebsenergie teilweise aus der Höhendifferenz des Wassers, sodass insgesamt nur geringe Mengen zusätzlicher Energie ins System eingespeist werden mussten. Die Gitterwagen waren 20 Meter lang und 3 Meter breit. Die Spurweite der Schienen betrug 3,14 Meter. Die Fahrt über eine Geneigte Ebene dauerte etwa eine Viertelstunde. 

 

Um eine gleichmäßige Wasserhöhe im Kanal zu gewährleisten, musste das Niveau der anliegenden Seen gesenkt werden. Dadurch reduzierte sich die Fläche der in den Kanalverlauf eingebetteten Seen im Zeitraum 1845 – 1852 um 500 ha. Eine Sonderstellung nahm dabei der Abiskarsee ein, der noch 1,5 Meter tiefer lag. Hier ließ Steenke an der schmalsten Stelle des Sees das Kanalbett über 484 Meter auf einem künstlichen Damm verlaufen und teilte damit den Abiskarsee in zwei Teile, die allerdings unterirdisch verbunden waren.

 

Seit 1852 verkehrten zwischen Deutsch Eylau und Elbing Schiffe der Firma "Reederei Matzmor" (Schraubendampfer "Martha" und "Ernst"). Ein Transportunternehmen aus Saalfeld namens Munter verfügte über das Schiff "Ursula". Der Bau der vier geneigten Ebenen in Buchwalde, Kanthen, Schönfeld und Hirschfeld war 1860 abgeschlossen, sodass der Kanal am 31. August 1860 offiziell eingeweiht und befahren werden konnte. Den letzten Abschnitt des Kanalsystems von Osterode bis Alt Jablonken [Altfinken] über den Pausensee hat man erst 1873 dem Verkehr übergeben. In der Zeit von 1874 bis 1881 entstand die fünfte geneigte Ebene in Kussfeld, die mit einer moderneren Wasserturbine angetrieben wurde.

 

Die Gesamtlänge des Kanals von Deutsch Eylau bis zum Drausensee beträgt rd. 176 km. Davon entfallen etwa 44 km auf künstliche Wasserstraßen, die Reststrecke verläuft auf den in das System einbezogenen Binnenseen (Drausensee, Roethlofsee, Samrodtsee, Drewenzsee, Schillingsee, Pausensee). Die Schiffe durften 24,5 Meter lang, oben 3 Meter und unten 2,50 Meter breit sein bei einem Tiefgang von max. 1 Meter. Wegen der Schiffswagen auf den Geneigten Ebenen durften sie nur mit max. 50 Tonnen beladen werden. Das Fahrwasser war mindestens 1,25 m tief, die Sohlebreite betrug 7,53 Meter und die obere Breite 15,07 Meter. Die Fortbewegung geschah in den Kanälen durch Pferdetreidel. Auf den Seestrecken war das Segeln erlaubt.

In der Zeit von 1921 bis 1931 erfolgte eine Modernisierung des Kanals, wobei die Schleusen, Wehre und Sicherheitstore umgebaut wurden und die Holzkonstruktionen in den Schleusen durch Beton ersetzt wurden. Neben zwei herkömmlichen Abstiegsbauwerken mit Schleusen dienen auf einer Teilstrecke von 9,5 km fünf Rollberge zur Überwindung des Höhenunterschiedes von 99,5 m ü. NN auf 0,3 m ü. NN. Jeder Rollberg ist mit einer Standseilbahn ausgerüstet, welche die Schiffe mit Hilfe von Schienenwagen zum nächsten Kanalabschnitt befördert. Die Standseilbahnen sind jeweils mit einem Maschinenhaus ausgerüstet, in dem die Seiltrommel steht. Der Antrieb der Seiltrommel erfolgt über ein Untersetzungsgetriebe durch ein unterschlächtiges Wasserrad. Der später erbaute Rollberg von Neu-Kussfeld verfügt über einen elektrischen Antrieb, dessen Energie von einer Wasserturbine geliefert wird.

Mit dem Bau des Oberländischen Kanals war ein schnellerer und rentablerer Transport der zum Export bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Oberlandes verbunden, wie Holz, Tierfelle und Langholzkiefern aus Taberbrück, die als Masten im Schiffbau gefragt waren. Nach Inbetriebnahme des Kanals im Jahr 1860 passierten täglich etwa zwölf bis zwanzig Schiffe den Kanal. Steenke notierte 1862 in seinem Tagebuch, dass es an einem Tag sogar 57 Schiffe waren. Seit dem Bau einer Eisenbahnlinie erfolgte ab 1893 ein allmählicher Rückgang in der Auslastung. Während 1913 noch Waren im Gewicht von 107.486 Tonnen über den Kanal transportiert wurden, waren es 1920 nur noch 69.481 Tonnen, 1925 34.951 Tonnen, während das Transportvolumen 1927 wieder auf 49.778 Tonnen anstieg.

Der Kanal wurde schon bald nach der Inbetriebnahme wegen seiner technischen Besonderheiten und der idyllischen Landschaft ein Ausflugsziel. Bereits 1864, noch vor dem Bau der fünften geneigten Ebene, bereiste ein gewisser Bernhard Olbert aus heimatkundlichem Interesse den Kanal und publizierte eine Beschreibung seiner Reise. 1901 beschrieb ein Reiseführer über die Region um Elbing die Anfänge der Touristik, wobei die Reisenden zunächst als Passagiere auf den Lastschiffen mitfuhren.

Erst 1912 begann die professionelle Touristik mit Ausflugsschiffen der Reederei Adolf Tetzlaff aus Osterode. Während der Kanal anfangs vor allem für Schul- und Betriebsausflüge unter heimatkundlichem oder technischem Aspekt genutzt wurde, kamen immer mehr Individualreisende hinzu, sodass der touristische Anreiz durch den Bau von Gasthäusern und organisierte Reisen mit Ausflügen in die Umgebung gesteigert wurde. Das Touristikgeschäft erwies sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg als lukrativ, sodass die Flotte der Ausflugsschiffe erweitert wurde. Beispielsweise konnte die 1927 in Betrieb genommene MS. Konsul mit einer Länge von 30 m und einer Breite von 4,25 m 185 Personen aufnehmen und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 25 km/h. Bereits 1920 entstand ein Konkurrenzunternehmen, die Reederei Munter aus Saalfeld.

Im Zweiten Weltkriegs wurde die Schifffahrt auf dem Kanal eingestellt.

 

Weitere Infos:      

Register:   
Email:   Quelle: Internet
nach oben