Donnerstag, 13. November 2014

Philipp von Zesen 

* 8. Oktober 1619 in Priorau bei Dessau

† 13. November 1689 in Hamburg


Deutscher Dichter, Schriftsteller und Sprachreiniger.

 

Zesen wurde als Sohn eines lutherischen Pastors geboren. Sein Geburtshaus ist bis heute erhalten. Als er etwa 16 Jahre alt war, besuchte er das Gymnasium in Halle. Er studierte von 1639 bis 1641 Rhetorik und Poetik an der Universität Wittenberg bei August Buchner . Seit 1641 hielt er sich in Hamburg auf.

Die Jahre nach seiner Ausbildung waren von der Suche nach einer Anstellung, häufigem Wohnsitzwechsel und finanzieller Not geprägt. Er bewarb sich mehrfach vergeblich bei Hofe und arbeitete notgedrungen als freier Schriftsteller. Die Kriegsjahre 1642 bis 1648 verbrachte er zumeist in Amsterdam, Leiden oder Utrecht, wo er als Übersetzer und Korrektor für niederländische Verleger tätig war, unternahm aber auch ausgedehnte Reisen nach London, Paris, in das Baltikum und nach Dänemark.

1648 bis 1656 wohnte er im Elternhaus in Priorau und wurde bei einem seiner Besuche am benachbarten Köthener Hof 1649 in die 'Fruchtbringende Gesellschaft'
aufgenommen. Wegen seiner orthographischen und wortbildnerischen Neuerungen machte sich Zesen unbeliebt. Bereits im gleichen Jahr kam es zum bleibenden Zerwürfnis mit den »Fruchtbringenden«. Zesen wurde zur willkommenen Zielscheibe aller sprachlich Konservativen, die zum Teil auch vor persönlichen Verunglimpfungen nicht zurückscheuten. Sein Landesfürst Johann Kasimir von Anhalt-Dessau wurde 1652 durch einen Jagdunfall gelähmt, und Zesen verbrachte deshalb mehrere Jahre als Gesellschafter des Fürsten am Dessauer Hof.

Ab 1656 hatte er wieder einen ständigen Wohnsitz in den Niederlanden, meistenteils in Amsterdam, wo er 1662 das Bürgerrecht erhielt und als einer der wichtigsten Mitarbeiter im Verlag Elsevier
galt. 1672 heiratete Zesen die achtzehnjährige Maria Bekkers aus Stade, mit der er sich in seinen letzten Lebensjahren wieder in Hamburg niederließ.

 

Zesen gilt neben Sigmund von Birken als einer der ersten deutschen Berufsschriftsteller. Sein autobiographischer Roman 'Die Adriatische Rosemund' von 1645 war der erste große deutsche Roman der Barockliteratur, seine Poetik hatte einen hohen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Dichtkunst.                                                                     
                        

Weitere Infos:  


Abendlied


Es hat nun mehr das güldne Licht
Des Himmels seinen Lauf verricht',
Der Tag hat sich geneiget;
Der blasse Mond steht auf der Wacht,
Die Sterne leuchten durch die Nacht,
Der süße Schlaf sich zeiget.

Ei, nun will ich in sanfter Ruh
Die Nacht mit Schlafen bringen zu,
Ermüdet durch viel Schreiben,
Das durch den langen Tag ich trieb,
Bis mir die Nacht den Paß verhieb,
Die Sinnen fortzutreiben.

Indessen sei mein Glanz und Licht
Dein freudenreiches Angesicht,
O Sonne meiner Seelen,
Daß nicht der Nächte Schatten mich
Mit Furcht und Schrecken inniglich
Im Herzen möge quälen.

Nimm weg den schweren Sündenschwall,
So sich ereignet überall,
Aus meines Herzens Schranken.
Daß ich fein sanfte ruhen mag,
Und, wann nun kömmt der frühe Tag,
Dir, Höchster, freudig danken.

Hiermit will ich nun schlafen ein,
und dir, o Gott, ergeben sein,
Du wirst mich wohl erretten.
Behüte mich für schnellem Tod,
Für aller Angst und Krieges Not
Und für des Teufels Ketten.

ABCD
Anmerkung:
Kaiser Ferdinand III.
erhob den erst 33jährigen Philipp von Zesen 1653 in den Adelstand. Das jammervolle Elend der deutschen Nation ging Zesen zu Herzen, wie nur der Besten einem, die Überzeugung, dass die deutsche Sprache, wenn es so weiter ginge, wie bisher, völliger Verwälschung anheimfallen müsse, teilte er mit allen Einsichtsvollen, aber während die Mehrzahl sich damit begnügte, gegen das Unwesen der Fremdwörter zu predigen, im übrigen aber lustig mit dem Strome schwamm, suchte er nicht allein durch Lehre, sondern auch durch Beispiel eine Besserung herbeizuführen. 

Um die sehr im Argen liegende deutsche Rechtschreibung auf einer sichern Basis aufzubauen, versuchte er das phonetische Prinzip strengstens durchzuführen und um sie ganz deutsch zu gestalten, wollte er die undeutschen Buchstaben und Lautverbindungen c, q, y, ph ganz aus dem Alphabet verbannen. Dabei geriet er auf Irrwege und in Übertreibungen. 

Anzuerkennen ist die Gründlichkeit, mit der er verfuhr, wo es galt, ein Fremdwort auszumerzen. Er hat zu diesem Zwecke nicht allein die Schriften seiner Zeitgenossen, sondern auch zurück die Hauptschriftsteller bis auf Luther abgesucht. So hat er zur Verbreitung älterer und jüngerer Neubildungen und zur Erhaltung alter Worte nicht wenig beigetragen. Neue Worte bildete er erst, wo ihn jene Quellen im Stich lassen. Zu billigen war auch, dass er statt der gebräuchlichen fremdländischen Vornamen auf die guten deutschen Namen aufmerksam machte. 

Dagegen war es freilich seltsam, dass er die antiken Götternamen durch neu erfundene deutsche Worte wie Liebinne, Schauminne, Lachmund für Venus, Kluginne oder Blauinne für Athene u. dgl. ersetzen wollte. Übrigens muss man, um seinen praktischen Standpunkt zu verstehen, auch den Umstand berücksichtigen, dass er in Holland lebte und schrieb, wo man die Reinigung der nationalen Sprache von allen fremden Bestandteilen mit ziemlicher Strenge durchgeführt hatte. Was hier gelungen war, hielt er auch in Deutschland für möglich, und so ist es zu begreifen, dass er, unbeirrt durch Hohn und Spott, seinem früh gefassten Vorsatze, die Muttersprache, der er in schwärmerischer Verehrung ergeben war, in ihrem echten und wahren Wesen wiederherzustellen, unerschütterlich treu geblieben ist.

Philipp von Zesen erfand für zahlreiche Fremdwörter Verdeutschungen, die Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben, wie Ableitung (für das Fremdwort Derivation), Abstand (Distanz), Angelpunkt (Pol), Anschrift (Adresse), Augenblick (Moment), Ausflug (Exkursion), Beifügung (Apposition), Beistrich (Komma), Besprechung (Rezension), Blutzeuge (Märtyrer), Bücherei (Bibliothek), Emporkömmling (Parvenü), Entwurf (Projekt), Farbgebung (Kolorit), Freistaat (Republik), Gesichtskreis (Horizont, Panorama), Glaubensbekenntnis (Credo), Gotteshaus (Tempel), Grundstein (Fundament), Kreislauf (Zirkulation), Leidenschaft (Passion), Letzter Wille (Testament), Mundart (Dialekt), Nachruf (Nekrolog), Rechtschreibung (Orthographie), Sinngedicht (Epigramm), Sterblichkeit (Mortalität), Verfasser (Autor), Vollmacht (Plenipotenz), Wahlspruch (Devise), Weltall (Universum).

Erfolglose Verdeutschungen

Andere vorgeschlagene Fremdwortübersetzungen wirken heute kurios, wie Blitzfeuererregung (für Elektrizität), Dörrleiche (Mumie), Entgliederer (Anatom), Erzvater (Papst), Gottestum (Religion), Jungfernzwinger (Kloster), Kirchentisch (Altar), klägeln (querulieren), Krautbeschreiber (Botaniker), Leuthold (Patriot), Lotterbett (Sofa), Lusthöhle (Grotte), Lustkind (Amor), Meuchelpuffer (Pistole), Schalksernst (Ironie), Spitzgebäude (Pyramide), Spottnachbildung (Parodie), Tageleuchter (Fenster), Weiberhof (Harem), Zeugemutter (Natur).

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