Dienstag, 26. August 2014

Ludwig Thoma  

* 21. Januar 1867 in Oberammergau
† 26. August 1921 in Tegernsee
 

Deutscher Schriftsteller.

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Thoma wurde als fünftes Kind eines Försters in Oberammergau geboren. Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte er im Forsthaus Vorderriß an der Isar nahe der Tiroler Grenze, einer damals sehr abgelegenen und einsamen Gegend. Kurz nachdem die Familie nach Forstenried bei München übersiedelte, Ludwig war erst sieben Jahre alt, starb der Vater. Nun musste die Mutter die sieben Kinder alleine großziehen, Ludwig bekam einen Kollegen des Vaters als Vormund. Schon als Schüler setzte er sich gegen Scheinautorität und Doppelmoral heftig zur Wehr, was zur Folge hatte, dass er häufig die Schule wechseln musste. So besuchte er die Gymnasien in Landstuhl/Pfalz, Neuburg an der Donau, Burghausen, München und Landshut, wo er 1886 das Abitur bestand. Eines seiner populärsten Werke, die Lausbubengeschichten, geht im Wesentlichen auf Erlebnisse während seiner Schulzeit und die in Prien am Chiemsee verbrachten Ferien zurück.

Thoma wollte – wie sein Vater – Förster werden und begann ein Studium der Forstwissenschaft in Aschaffenburg, brach es jedoch nach dem ersten Jahr ab und wechselte zur Rechtswissenschaft über, die er in München und Erlangen studierte. Von 1890 bis 1893 war er Rechtspraktikant in Traunstein. 1894 starb seine Mutter, im gleichen Jahr ließ er sich als Rechtsanwalt in Dachau
nieder. Dort lernte er „seine Bauern“ kennen, die er in der Folgezeit so treffend beschrieb. 1897 zog er nach München um, wo er mit den Mitarbeitern der 1896 von Albert Langen gegründeten satirischen Wochenschrift Simplicissimus in Kontakt kam. Es folgten erste Veröffentlichungen in dieser Zeitschrift unter dem Pseudonym „Peter Schlemihl“. 1899 gab er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt auf und wurde fester Mitarbeiter des Simplicissimus, ein Jahr später dessen Chefredakteur.

In den nächsten Jahren folgten Reisen durch Europa und eine rege schriftstellerische Tätigkeit. So verfasste er unter anderem die Theaterstücke 'Die Medaille' und 'Die Lokalbahn'. 1907 heiratete er die 25-jährige, auf den Philippinen geborene Tänzerin Marietta di Rigardo, genannt Marion, eine für damalige Zeiten emanzipierte junge Frau. 1911 wurde die Ehe geschieden, die beiden blieben aber befreundet.

1906 wurde Thoma zusammen mit Hermann Hesse
Herausgeber der Zeitschrift März . Im gleichen Jahr wurde er wegen eines im Simplicissimus veröffentlichten Gedichtes wegen „Beleidigung einiger Mitglieder eines Sittlichkeitsvereines“ zu sechs Wochen Haft verurteilt, die er in Stadelheim bei München absitzen musste. 1908 hatte einer seiner größten Erfolge, das Lustspiel 'Moral', Premiere. Im gleichen Jahr bezog er sein Haus „Auf der Tuften“ in Tegernsee.

Thomas Einstellung war bis dahin eher linksliberal gewesen. So hatte er sich mit oftmals beißender Kritik an Gesellschaft, Kirche und Staat nicht zurückgehalten. Dies änderte sich mit Beginn des Ersten Weltkrieges. Er meldete sich freiwillig als Sanitäter und zog 1915 mit einer bayerischen Division an die Ostfront nach Galizien. Dort erkrankte er schwer an der Ruhr und wurde felddienstuntauglich. Die sich abzeichnende Kriegsniederlage im November 1918 konnte er nicht verkraften. Er zog sich verbittert in sein Haus zurück. Ebenfalls 1918 begegnete er der aus der jüdischen Sekt-Dynastie Feist-Belmont
stammenden, mittlerweile verheirateten Maidi Liebermann von Wahlendorf . Thoma entbrannte in heftiger Liebe zu ihr. Sie blieb ihm zwar verbunden, konnte sich jedoch nicht entschließen, ganz zu ihm zu ziehen, da der Ehemann die Scheidung verweigerte.

Für den Miesbacher Anzeiger verfasste er in den letzten 14 Monaten seines Lebens 175 größtenteils (bis auf fünf Fälle) anonyme Artikel, vor allem gegen die Regierung in Berlin, die Sozialdemokratie und das jüdische Bürgertum. Er bezeichnete Berlin als Entenpfuhl und eine Mischung von galizischem Judennest und New Yorker Verbrecher-Viertel und die Weimarer Republik als charakterlose Deppokratie. Er nannte deren Vertreter „dieses traurige Saupack aus Tarnopol und Jaroslau“. Den jüdischen Verleger Rudolf Mosse kennzeichnete Thoma mit den Worten „Lausejunge mit dem Krauselhaar und seinen geschneckelten Fortbewegungsscheren“.

Thoma starb 1921 in seinem Haus in Tegernsee an Magenkrebs. Den größten Teil seines beträchtlichen Vermögens sowie seine Honorare und Tantiemen vermachte er Maidi Liebermann. Seine geschiedene Frau Marion, seine beiden Schwestern sowie sein Bruder Peter Thoma erhielten je eine Summe von zweihunderttausend Mark, letzterer zusätzlich eine lebenslange Rente von jährlich zweitausend Mark. Seine Grabstätte liegt heute zwischen derjenigen seines langjährigen Freundes, des Schriftstellers Ludwig Ganghofer , und der seiner Freundin Maidi Liebermann.

 

Weitere Infos:  


Im 'Miesbacher Anzeiger'
veröffentlichte Ludwig Thoma in den Jahren 1920 und 21 genau 149 politische Artikel, in der er sich zu Fragen seiner Zeit äußerte, insbesondere zu den Versuchen, nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland und in Bayern eine Räterepublik, also eine Sowjetrepublik nach dem Vorbild der Sowjetunion zu schaffen.

Ohne solche antikommunistischen Äußerungen, für die man eine breite Stimmung im damaligen Deutschland und Bayern voraussetzen muß, wäre die Machtübernahme des Kommunismus in Deutschland möglicherweise nicht so sicher verhindert worden wäre, wie es bis 1945 tatsächlich der Fall war. Es sei auch daran erinnert, daß ein so gemäßigter Mann wie Werner Heisenberg
als junger Mann sich jenen Kreisen anschloss, die mit militärischen Mitteln die Räterepublik in Bayern zu Fall brachten.

Leute wie Ludwig Thoma machten damals vor allem die Mehrheitssozialdemokraten und die Politiker des politischen Klerikalismus in Berlin, in Sachsen, in Württemberg, in Bayern und in Wien dafür verantwortlich, dass der Kommunismus ein so leichtes Spiel in Deutschland und Österreich haben könnte, wenn man diesen Politikern kritiklos freie Hand lassen würde, wenn die Ordnungszelle Bayern sich wehrlos den Wünschen der Berliner Politiker ausliefern würde.

Ludwig Thoma als anonymer Leitartikel-Schreiber des 'Miesbacher Anzeigers', eines Provinzblattes, bewirkte, dass allein durch diese Leitartikel die Auflage sich von 4.000 auf 18.000 erhöhte (die nach dem Tod Thomas wieder auf ihr früheren Umfang zurückging). Dass er anonym schrieb, wird er wohl vor allem deshalb gemacht haben, um seine engen Freunde beim 'Simplizissimus' (etwa Olaf Gulbransson) und den 'Simplizissimus' selbst wirtschaftlich nicht zu schädigen.

Wer die Stimmung in Bayern um 1921 verstehen will, und wer damit einmal einen unverfälschten Blick auf die führenden Politiker der ersten Jahren der Weimarer Republik werfen möchte, der sollte die Artikel Ludwig Thomas lesen. In wenigen anderen Zeitdokumenten wird man einen solchen Blick finden wie hier. 

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Zitate

Spott untergräbt keine echte Autorität, weil er sie nicht treffen kann. Aber dem auf Äußerlichkeiten ruhenden, konventionell festgehaltenen, dem übertriebenen und angemaßten Ansehen tut er Abbruch.

Er war ein guter Anwalt. Und auch sonst nur von mäßigem
Verstand.

Man muß die Leute an ihren Einfluß glauben lassen - Hauptsache ist, daß sie keinen haben.


An die Sittlichkeitsprediger in Köln am Rheine


Warum schimpfen Sie, Herr Lizentiate,
Ueber die Unmoral in der Kemenate?
Warum erheben Sie ein solches Geheule,
Sie gnadentriefende Schöpsenkeule?

Ezechiel und Jeremiae Jünger,
Was beschmeußen Sie uns mit dem Bibeldünger?
Was gereucht Ihnen zu solchem Schmerze,
Sie evangelische Unschlittkerze?

Was wissen Sie eigentlich von der Liebe
Mit Ihrem Pastoren-Kaninchentriebe,
Sie multiplizierter Kindererzeuger,
Sie gottesseliger Bettbesteuger?

Als wie die Menschen noch glücklich waren,
Herr Lizentiate, vor vielen Jahren,
Da wohnte Frau Venus im Griechenlande
In schönen Tempeln am Meeresstrande.

Man hielt sie als Göttin in hohen Ehren
Und lauschte willig den holden Lehren.
Sie reden von einem schmutzigen Laster,
Sie jammerseliges Sündenpflaster!

Sie haben den Schmutz wohl häufig gefunden
In Ihren sündlichen Fleischesstunden
Bei Ihrem christlichen Eheweibchen?
In Frau Pastorens Flanellenleibchen?

                                              Peter Schlemihl

Auf Grund dieses Gedichtes verbüßte Thoma vom 16.Oktober bis zum 27.November 1906 in München eine sechswöchige Gefängnisstrafe, wegen „Beleidigung und der öffentlichen Beschimpfung einer Einrichtung der christlichen Kirche mittels Presse“.
BCD

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