Samstag, 22. November 2014

Samuel Fränkel
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* 22. November 1801 in Zülz , Kreis Neustadt O/S
† 28. Juli 1881 in Neustadt O/S   
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Deutscher Textilunternehmer.

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Fränkel war zwischen 1820 und 1830 aus dem Städtchen' Zülz nach Neustadt zugewandert und hatte hier aus kleinen Anfängen ein Unternehmen aufgebaut, das sich unter seinen Nachkommen zu einem der größten Textilbetriebe der Zeit herausbildete. Zülz war ein kleines historisches Städtchen in Oberschlesien im Bezirk Oppeln, wegen des Zuzugs vieler Juden, auch "Judenzülz" genannt. Damals waren 1/3 der 2.600 Einwohner Juden. Im Zuge des im März 1812 erlassenen Emanzipationsediktes wurde die Zweitklassigkeit der Juden in Preußen aufgehoben und ihnen auch andernorts die Ansiedlung als freie Kaufleute ermöglicht. Die meisten Juden verließen bald das Städtchen und zogen in die größeren Städte. Diese Abwanderung war so stark, dass im Jahre 1914 die jüdische Gemeinde in Zülz ihre Auflösung beschloss. Zülz ist nach der Vertreibung eines Teils seiner deutschen Bewohner seit 2006 offiziell wieder zweisprachig: deutsch und polnisch. Der deutsche Bürgermeister und der Stadtrat sind seit einigen Jahren bemüht, den Ort wieder etwas in Stand zu setzen.

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1845 gründete Fränkel eine Leinen-Weberei direkt am Ufer des Flusses Prudnik in Neustadt (vgl. Karte unten). Das Unternehmen wuchs durch Aufkauf von Konkurrenten und insolventen Unternehmen rasch zum Monopolisten in Schlesien, eröffnete weitere Niederlassungen (unter anderem in Berlin und Augsburg) und wurde zu einem der größten Leinen-Produzenten der Welt. Fränkel war mit Esther Ernestine Polke (*19. Mai 1802 in Zülz) verheiratet und hatte eine Tochter, Jenny Fränkel (*5. Oktober 1833 in Neustadt, O/S, +22. Juni 1892 in Berlin). Letztere heiratete den jüdischen Kaufmann Maximilian Bremer (*21. Mai 1826 in Leobschütz, O/S, +28.März 1889 in Leobschütz, O/S).

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Fränkels zweite Tochter Auguste Fränkel (*1838,+1919 in Neustadt) heiratete den jüdischen Kaufmann Joseph Pinkus (*1829, +1909 ). Dieser wurde Teilhaber des Unternehmens „S. Fränkel“. Seine Tochter Hedwig (*1864, +1948 in den USA), die eine hervorragende Bildung auf den Gebieten Literatur und Neusprachen besaß, heiratete im August 1883 in der Synagoge von Neustadt den damals 28-jährigen, später berühmt gewordenen Immunologen und Nobelpreisträger Paul Ehrlich , den sie auf einem Besuch in Strehlen kurz zuvor kennen gelernt hatte. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor. Der Schwiegervater Pinkus unterstützte Ehrlich großzügig finanziell durch Einrichtung eines Privatlabors und ermöglichte ihm, sich eine Zeit lang ausschließlich seinen Forschungen zusammen mit Emil von Behring an der Charité zu widmen. Ebenfalls mit Unterstützung seines Schwiegervaters konnte Ehrlich nach seiner Kündigung an der Charité zusammen mit seiner Frau fast zwei Jahre in Ägypten leben, um seine Tuberkuloseerkrankung auszukurieren. Joseph Pinkus' Bruder Benjamin (Benno) Pinkus (*1831,  +1879), leitete die Repräsentanz der Textilfabrik in Berlin.

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1903 begann die Produktion von Frotteestoffen und Tuchwaren, insbesondere Damast, die in ganz Deutschland, England, Frankreich und bis nach Amerika vertrieben wurden. Die Firma „S. Fränkel“ beschäftigte 1910 viertausend Arbeiter. Sie führte auch Entwürfe renommierter Designer wie Peter Behrens für Tafelzeug (Tischtücher, Servietten, etc.) aus. Der Erste Weltkrieg stoppte das dynamische Wachstum der Fabrik. Zwischen 1915 und 1923 gab die Textilfabrik, die inzwischen als „Offene Handelsgesellschaft S. Fränkel“ firmierte, mehrfach auch ein eigenes Notgeld heraus, zunächst noch Pfennigwerte, in der Inflation der 1920er Jahre auch Millionen- und Milliardenwerte. 

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Den wirtschaftlichen Wohlstand bis 1945 verdankte Neustadt und seine Umgebung, der Garn- und Damastwarenfabrik von S. Fränkel. Die Firma war für die Stadt und gesamte Region größter Arbeitgeber. Nach den Nürnberger Gesetzen wurde das Unternehmen 1938 arisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gesellschaft ab 1949 von den polnischen Mordbrennern wiederaufgebaut, 1965 in „Frotex“ umbenannt. Die Firma wurde 1992 in staatliche polnische Treuhandverwaltung überführt, und 2002 an die private „Frotex Management“-Holding veräußert. Unter dem Namen „ZPB (Zakłady Przemysłu Bawełnianego) Frotex S.A.“ stellte das Unternehmen Haushaltswäsche und Garne her und war bis 2010 mit 700 Beschäftigten nicht nur der größte Arbeitgeber der Stadt, sondern der größte Handtuch- und Badtextilienproduzent Polens. Danach wurden noch ca. 400 Leute beschäftigt, dann ging die Firma in Konkurs und die Die Produktion wurde eingestellt. Die Werkgebäude sind heute leer und dem Verfall ausgesetzt.

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Der Sohn von Joseph Pinkus, Max Pinkus (*3. Dezember 1857 in Neustadt; †19. Juni 1934 ebenda), ein Kaufmann, war bis 1926 sein Nachfolger als Direktor der Fabrik. Er verfasste darüber hinaus Schriften über Schlesien, war ein Büchersammler und Mäzen der Stadt und der Kultur. So unterstützte er insbesondere Gerhart Hauptmann und den Schriftsteller Hermann Stehr (beispielsweise durch den Kauf eines Hauses für Stehr in Schreiberhau, das dieser 1926 mit seiner Familie bezog). Stehr widmete Pinkus dafür sein 1926 erschienenes Werk „Der Geigenmacher“ mit den Worten: „Max Pinkus, dem großen Menschenfreund und Sammler schlesischen Geistesgutes“. Von Max Pinkus wurde (gemeinsam mit Victor Ludwig) die erste Bibliografie über Hauptmann herausgegeben (Gerhart Hauptmann. Werke von ihm und über ihn. Privatdruck, Neustadt in Schlesien 1922). 

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Bei der Beerdigung von Max Pinkus 1934 sprach Gerhart Hauptmann an seinem Grab auf dem jüdischen Friedhof; die Stadt Neustadt weigerte sich, ihres Ehrenbürgers nach der NS- Machtübernahme zu gedenken. Max Pinkus' einzigartige Sammlung schlesischer Bücher wurde seinem zweiten Sohn Klaus Valentin Pinkus bei dessen Auswanderung 1939 abgenommen und der Universität Breslau zur Verwahrung übergeben. Sie ist seit dem Einbruch der sowjetischen und polnischen Horden 1945 verschollen. Max Pinkus' Sammelinteresse galt der Literatur, der Geschichte und des Kunsthandwerks. So hatte er auch eine große und wertvolle Kollektion an Judaica, vornehmlich aus Silber, die er 1929 dem Verein Jüdisches Museum zur Verfügung stellte. Zudem Textilien, Glas, Goldschmiedekunst und Mobiliar des 16. bis 18.Jahrhunderts.
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Der älteste Sohn von Max Pinkus, Hans Hubert Pinkus (*1891,†1977) war Direktor des Unternehmens bis zur Arisierung 1938. Er emigrierte 1939 mit seiner Familie nach England. Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte Hans Pinkus ohne Erfolg, das Unternehmen in Bayern wieder aufzubauen.
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Fränkel und sein Teilhaber Pinkus sowie dessen Nachfolger schufen auch soziale Einrichtungen ähnlich der Fugger
in Augsburg. Sie veranstalteten Dichterlesungen und holten für Kammerkonzerte damals weltberühmten Pianisten in die Region.  Das ehemalige Gästehaus der Firma Fränkel, eine 1883 erbaute Villa zählte zu den Sehenswürdigkeiten von Neustadt.

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