Donnerstag, 18. Dezember 2014

Johann Gottfried Herder

* 25. August 1744 in Mohrungen , Ostpreußen  
† 18. Dezember 1803 in Weimar 


Deutscher Dichter, Übersetzer, Theologe und Philosoph.

 

Herder wurde als drittes Kind des Kantors und Volksschullehrers Gottfried Herder und seiner zweiten Frau Anna Elisabeth geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und besuchte die Lateinschule in Mohrungen.

1760 wurde Herder Kopist bei dem Diakon der Mohrungener Stadtkirche, Sebastian Friedrich Trescho
, für den er religiöse Erbauungsschriften abschrieb. In der Pfarrbibliothek, die einen großen Bestand antiker und zeitgenössischer Literatur hatte, betrieb er autodidaktische Studien.

1762 erschien das erste Gedicht Herders, »Gesang an Cyrus«. Im gleichen Jahr immatrikulierte er sich an der Universität Königsberg zum Theologiestudium. Herder hörte die Vorlesungen Immanuel Kants und wurde sein Schüler. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Nachhilfelehrer. Nebenbei schrieb er literaturtheoretische Texte, Rezensionen und Gedichte. Er befreundete sich mit Johann Georg Hamann und seinem künftigen Verleger Johann Friedrich Hartknoch
.

Im November 1764 wurde Herder auf Empfehlung Hamanns Kollaborator (Aushilfslehrer) an der Domschule in Riga, wo er u.a. Naturkunde, Geschichte und Deutsch unterrichtete. Im Februar 1765 legte Herder dort das theologische Examen ab, wurde Prediger an der Domkirche und erhielt eine feste Anstellung als Lehrer. In den »Rigaischen Anzeigen« und der »Königsbergischen Zeitung« begannen Beiträge Herders zu erscheinen.

1766 wendete sich Herder in seiner ersten literaturkritischen Schrift »Über die neuere deutsche Literatur. Fragmente« (3 Bände, vordatiert auf 1767) gegen die Nachahmung fremder Literatur. Nicht durch das Kopieren, sondern durch die selbstbewusste Besinnung auf die eigene Muttersprache könne die deutsche Literatur den Rang klassischer römischer und griechischer Dichtung erreichen. 1768 erschien »Über Thomas Abbts Schriften« und 1769 die Sammlung kunst- und literaturkritischer Betrachtungen »Kritische Wälder oder Betrachtungen, die Wissenschaft und Kunst des Schönen betreffend« (3 Bände). 

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Im Mai 1769 trat Herder eine Reise nach Frankreich an, die ihn zunächst per Schiff nach Nantes führte, anschließend nach Paris. Dort machte er Bekanntschaft mit Denis Diderot . Auf der Reise entstand das »Journal meiner Reise im Jahre 1769« (Erstdruck aus dem Nachlass 1846). Es enthielt keine Reisebeschreibungen, sondern gab vielmehr Auskunft über Herders Pläne, Ideen und Entwürfe zu vielen seiner späteren Arbeiten. Im Dezember erfolgte die Rückreise über Belgien und Amsterdam nach Hamburg. Dort machte er 1770 die Bekanntschaft mit Gotthold Ephraim Lessing und Matthias Claudius . Herder reiste weiter nach Eutin, von wo aus er den Erbprinzen von Eutin auf seiner Bildungsreise durch Europa als Erzieher und Kabinettsprediger begleitete. Im Juli lernte er In Darmstadt Johann Heinrich Merck und Karoline Flachsland kennen, mit der er sich im August verlobte. Im September trennte Herder sich in Straßburg von der Reisegesellschaft, um ein Augenleiden medizinisch behandeln zu lassen, allerdings misslang die Operation. Dort machte er mit dem fünf Jahre jüngeren Goethe Bekanntschaft, den er nachhaltig beeinflusste.

Im April 1771 trat Herder die Stelle eines Hofpredigers und Konsistorialrats in Bückeburg, der Residenz des Grafen von Schaumburg-Lippe
, an. Mit seiner in Straßburg verfassten »Abhandlung über den Ursprung der Sprache« (gedruckt 1772) gewann Herder die Preisaufgabe der Berliner Akademie der Wissenschaften. In dieser Schrift erklärte er die Sprachentwicklung und die Entstehung der Nationalsprachen auf dem Hintergrund der natürlichen geographischen, klimatischen und sozialen Bedingungen eines Volks. Er begann die Mitarbeit an Friedrich Nicolais »Allgemeiner Deutscher Bibliothek«.

1772 reiste Herder nach Göttingen, wo er den Altphilologen Christian Gottlob Heyne
besuchte. Daran schloss sich ein Kuraufenthalt in Pyrmont an. Im Mai 1773 heirate er Karoline Flachsland. Im gleichen Jahr gab er die Aufsatzsammlung »Von deutscher Art und Kunst, einige fliegende Blätter« heraus. Neben Goethes Schrift »Von deutscher Baukunst« enthielt der Band u.a. Herders Abhandlungen »Auszug aus einem Briefwechsel über Ossian und die Lieder alter Völker« und »Shakespeare«. Beide Aufsätze Herders waren gekennzeichnet von seiner Bewunderung für Nationalliteraturen, wobei Herder die Bedeutung des Volksliedes und die Dramen Shakespeares hervorhob.

Im Sommer 1774 folgte ein erneuter Kuraufenthalt in Pyrmont. Herder veröffentlichte »Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit«, »Älteste Urkunde des Menschengeschlechts« (2 Bände, 1774–76) und »Wie die Alten den Tod gebildet?«.

1775 wurde Herder Superintendent in Bückeburg. Er reiste nach Darmstadt und Pyrmont, wo er Johann Wilhelm Ludwig Gleim kennen lernte und veröffentlichte »Ursachen des gesunkenen Geschmacks bei den verschiedenen Völkern, da er geblühet«. Auch im Sommer 1776 verbrachte Herder einen Kuraufenthalt in Pyrmont. Dann vermittelten Goethe und Christoph Martin Wieland Herder in Weimar die Stelle eines Generalsuperintendenten, Oberkonsistorialrats und Hofpredigers, die er im Oktober antrat.

Nach einem erneuten Kuraufenthalt in Pyrmont im Sommer 1777 ergaben sich erste Meinungsverschiedenheiten mit Goethe in Weimar. Das Jahr 1778 war gekennzeichnet durch die Veröffentlichung folgender Werke: »Lieder der Liebe. Die ältesten und schönsten aus dem Morgenlande. Nebst 44 alten Minneliedern«, Herders Sammlung von »Volksliedern« (2 Bände, 1778–79; Neuausgabe unter dem Titel »Stimmen der Völker in Liedern«,1807), »Plastik. Einige Wahrnehmungen über Form und Gestalt aus Pygmalions bildendem Traume«, »Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele« und »Neueingerichtetes Sachsen-Weimar-Eisenach- und Jenaisches Gesangbuch«.

1779 verfasste Herder die Preisschrift »Über den Einfluss der schönen Literatur in den höheren Wissenschaften«. Goethe warf er vor, seine kirchlichen und schulpolitischen Arbeiten nicht angemessen zu würdigen. 1780 befreundete Herder sich mit Johann Georg Müller
. Er veröffentlichte »Briefe, das Studium der Theologie betreffend« (4 Bände, 1780–81). Erneut wurde eine Abhandlung Herders von der Berliner Akademie der Wissenschaften preisgekrönt: »Vom Einfluß der Regierungen auf die Wissenschaften und der Wissenschaften auf die Regierung«.

1782 folgte Herders Abhandlung »Vom Geist der Ebräischen Poesie« (2 Bände, 1782–83). Darin untersuchte er die Bibel, die er als nationale hebräische Dichtung auffasste, unter literaturhistorischen Gesichtspunkten.

1783 reiste Herder  nach Halberstadt, wo er Gleim erneut traf, und besuchte Friedrich Gottlieb Klopstock in Hamburg und Matthias Claudius in Wandsbek. Ab 1784 erschienen Herders »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit«, in denen er seine Vorstellung von einem Prozess der stufenweisen Höherentwicklung der Menschheit darlegte (4 Bände, 1784–91). In Weimar traf Herder 1784 mit Matthias Claudius und Friedrich Heinrich Jacobi
zusammen.

1785 hatte Herder maßgeblichen Anteil an der Schulreform in Weimar, machte Bekanntschaft mit Georg Forster
, erholte sich in Karlsbad und veröffentlichte »Zerstreute Blätter« (6 Bände, 1785–97). 1787 ernannte
die Berliner Akademie der Wissenschaften Herder zum Ehrenmitglied.

Im August 1788 brach Herder zusammen mit dem Trierer Domherrn Friedrich von Dalberg
zu einer längeren Italienreise auf, die ihn über Verona und Rom bis nach Neapel führte, zum Teil in Gesellschaft der Herzogin-Mutter Anna Amalia von Sachsen-Weimar . In Rom lernte er die Malerin Angelika Kauffmann kennen.

1789 wurde Herder wird zum Vizepräsidenten des Oberkonsistoriums für das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach ernannt. Er begrüßte den Beginn der Französischen Revolution. 1793 veröffentlichte er seine »Briefe zur Beförderung der Humanität« (10 Bände, 1793–97). Ab 1795 verfasste er Beiträge für die von Schiller herausgegebene Zeitschrift »Die Horen«.

1796 befreundete sich Herder mit dem Dichter Jean Paul , den er 1798
veranlasste, nach Weimar umzuziehen. 1799 kritisierte er mit seiner Schrift »Verstand und Erfahrung. Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft. - Vernunft und Sprache. Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft« die Philosphie Immanuel Kants, ebenfalls 1800 mit einer weitere Abhandlung »Kalligone. Vom Angenehmen und vom Schönen« (3 Bände).

1801wurde Herder zum Präsidenten des Oberkonsistoriums ernannt. Seine Zeitschrift »Adrastea« begann zu erscheinen (6 Bände, 1801–03). Im Oktober erhob der bayerische Kurfürst Maximilian IV. Joseph
Herder in den Adelsstand. 1802 erschien »Der Cid«, Herders Übertragung und Bearbeitung von Romanzen über den spanischen Nationalhelden Cid, in »Adrastea«. 1803 erkrankte Herder, hielt sich zur Erholung in Eger und Franzensbad auf, reiste im August nach Dresden und starb 59 Jahre alt im Dezember in Weimar.

 

Herders Ehefrau Karoline unterstützte ihn im Hintergrund, lektorierte seine Schriften, ordnete nach seinem Tod den Nachlass und gab seine Werke heraus. Aus der Ehe stammen sieben Kinder, sechs Söhne und eine Tochter. Die ersten beiden Söhne wurden in Bückeburg geboren, alle weiteren Kinder in Weimar. Der älteste Sohn, Wilhelm Gottfried, 1774 geboren, wurde 1805 Hofmedikus in Weimar. Der zweite Sohn, Sigismund August Wolfgang, 1776 geboren, wurde Geologe und sächsischer Oberberghauptmann. 1816 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. Der dritte Sohn, Wilhelm Ludwig Ernst, Jahrgang 1778, wurde Kaufmann und ließ sich für viele Jahre in Sankt Petersburg nieder. Sein vierter Sohn Karl Emil Adelbert, 1779 geboren, kaufte später das Gut Stachesried in Bayern. Als fünftes Kind wurde 1781 Luise Theodore Emilie geboren. Sie heiratete Constantin Stichling. Ein Sohn Luises war der Weimarer Staatsminister Stichling. Der Sohn Emil Ernst Gottfried, geboren 1783, war´ bayerischer Oberforst- und Regierungsrat in Erlangen. Der jüngste, 1790 geborene Sohn Rinaldo Gottfried arbeitete als königlich bayerischer Forstmeister.

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Herder war einer der einflussreichsten Schriftsteller und Denker deutscher Sprache im Zeitalter der Aufklärung und zählte mit Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller zum klassischen Viergestirn von Weimar. Herder war auch ein Meister der Wortschöpfungen: Volkslied, Zeitgeist, Weltmarkt, Einbildungskraft oder die Bezeichnung Elbflorenz stammen von ihm. Als Theologe wandte Herder sich gegen das hergebrachte, auf Dogmen beruhende Christentum. Er lehrte, die biblischen Erzählungen seien aus ihrer Zeit und dem jeweiligen Volkscharakter zu verstehen. Herder gilt als Erfinder des Nationenbegriffs. Er formulierte: "Kein Volk ist ein von Gott einzig auserwähltes Volk der Erde; die Wahrheit müsse von allen gesucht, der Garten des gemeinen Besten von allen gebaut werden."

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Weitere Infos:  


Volkslieder

Herder ging bereits 1775 an die Veröffentlichung einer Sammlung »Alter Volkslieder«, zog sein Manuskript jedoch nach dem Druck des ersten Bogens wieder zurück. Die Sammlung erschien dann 1778 und 1779 in einer überarbeiteten Fassung mit dem Titel »Volkslieder« bei Weygand in Leipzig. Den Titel »Stimmen der Völker in Liedern«, unter dem sie bekannt wurde, bekam sie erst in der erweiterten Fassung, die Karoline Herder und Johannes von Müller 1807 nach Herders Tod herausgaben. – Der Text
folgt der einzigen zu Herders Lebzeiten erschienenen Ausgabe von 1778/79. Die kurzen Kommentare, mit denen Herder die Lieder im Inhaltsverzeichnis versah, sind hier den einzelnen Texten zugeordnet.
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Zitate

Freie Untersuchung der Wahrheit von allen Seiten ist das einzige Mittel gegen Wahn und Irrtum, von welcher Art sie sein mögen.

Die größten Veränderungen sind immer von Halbwahnsinnigen bewirkt worden.

Ohne Begeisterung geschah nichts Großes und Gutes auf der Erde; die man für Schwärmer hielt, haben dem menschlichen Geschlecht die nützlichsten Dienste geleistet.

Weder Krieger noch Mönche nähren ein Land.

Der Aberglaube macht die Gottheit zum Götzen, und der Götzendiener ist um so gefährlicher, weil er ein Schwärmer ist.

Drücke den Pfeil zu schnell nicht ab, der nimmer zurückkehrt!
Glück zu zerstören, ist leicht, wiederzugeben so schwer.

Der Tor schmeichelt sich selbst und der Kluge dem Toren.

Wer nicht läuft, gelangt nie ans Ziel!

Eher schätzt man das Gute nicht, als bis man es verlor.

Tapfer ist der Löwensieger,
tapfer ist der Weltbezwinger,
tapf'rer, wer sich selbst bezwang.

[Wer sleht den lewen ? wer sleht den risen ?
wer überwindet jenen unt disen ?
daz tuot einer der sich selber twinget
und alliu sîniu lit in huote bringet.

Walther von der Vogelweide]

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